Читать книгу Handbuch der Poetik, Band 1. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Dichtkunst онлайн

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Nie und nirgends hat Goethe sich durch den Laokoon darin beirren lassen, Körperliches in seinen Dichtungen zu malen, Koexistentes zu schildern, und zwar keineswegs nur "andeutungsweise durch Handlungen", sondern geradezu und mit der recht eigentlichen Absicht zu malen und zu schildern. Dass es ihm gelungen, diese von Lessing im Prinzip verurteilte poetische Malerei und Schilderung überall so durchzuführen, dass sie den Erweis ihrer Berechtigung in sich selber trägt, das liegt daran, dass die Technik, mit welcher er die dazu erforderlichen Mittel zu den höchsten Wirkungen zu nutzen weiß, eben nicht ein bloß äußerliches Kunstmittel ist, sondern dass sie ihrem innersten Wesen nach aus den eigentlichen Grundgesetzen der Poesie organisch und mit Notwendigkeit hervorgeht.

Wo liegen nun die tieferen Gründe, welche jene Technik als eine dem wesentlichsten Prinzip der Dichtung entsprossene kennzeichnen?

Lessing begründet seine Regel, der Dichter solle das Koexistente in ein Sukzessives umwandeln, lediglich durch die Berufung auf die sukzessive Natur der Sprache, des poetischen "Mittels"; er bestreitet zwar nicht, dass diese Beschaffenheit an sich wohl die Beschreibung und malende Schilderung zulasse, doch behauptet er als einen Erfahrungssatz, dass ein solches Schildern niemals den Grad der Anschaulichkeit erreichen könne, welcher in der Poesie als ein Haupterfordernis der Körperschilderung verlangt werden müsse.

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