Читать книгу Handbuch der Poetik, Band 1. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Dichtkunst онлайн

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Nun ist es doch aber ganz ohne Frage dieses Bild nicht, bei aller seiner Schönheit, um dessentwillen Goethe jenes Lied gesungen hat; und wie will man von dem Gesichtspunkte aus, dass sein Gegenstand eine "Handlung" sei, ohne pedantischen Zwang zu einer einheitlichen Auffassung desselben gelangen?

Wir wissen, Goethe hat das Lied am 15. Juni 1775 auf dem Züricher See gedichtet, nachdem er mit liebeerfülltem Herzen von Lili sich losgerissen, und es ist uns interessant diese individuellen Umstände zu kennen. Was aber dem Gedichte seinen unvergänglichen Zauber verleiht, ist doch etwas davon ganz Unabhängiges; es ist die Kraft und Frische, mit der es eine einzige Seelenstimmung so lebhaft hervorbringt, dass hier in der künstlerischen Nachahmung die Wirkung eine noch weit intensivere und vor allem gewissere ist, als wenn die Mittel, deren sie sich bedient, in der Natur selbst auf uns wirkten. Denn hier ist ihren Reizen Sprache verliehen, und von der Gewalt, mit der sie in einem hoch überragenden Geiste wirkten, empfangen wir die Richtung und Erhebung unsers eigenen Fühlens.

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