Читать книгу Kunst des Lebens, Kunst des Sterbens. Wie wir den Traum von Ich und Welt mit Achtsamkeit, Mitempfinden und offenem Gewahrsein meistern und befreiende Luzidität erlangen können онлайн

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Die Verdrängung der Vergänglichkeit kontrastierend, ja, die Vergänglichkeit als Lehrer in der Lebenskunst des Nicht-Verweilens und als sublime, von allem Angenommenen befreiende Tröstung erkennend, nimmt der Mensch, der sich geistiger Einsicht und Selbsterkenntnis öffnet, den »Bruder Tod« als ständigen Wegbegleiter an. Ohne einen vorzeitigen Tod zu suchen, stellt er sich der Herausforderung, der Entmachtung des Egos in der Krankheit und akzeptiert das Altern und die Schwächung des Körpers in der letzten Lebensphase, und er reift durch sie.

Der Vergänglichkeit und der Vanitas aller Erscheinungen gewahr, können wir uns gewiss sein, dass es, wie in den Worten des Ave Maria so wunderbar ausgedrückt, in dieser Welt nur zwei Momente gibt, die uns sicher sind: »das Jetzt« und »die Stunde unseres Todes« – nunc et hora mortis nostrae. Genau jetzt, in diesem präzisen, ewigen Augenblick reinen Gewahrseins, sind Leben und Tod eins, sind Form und Formlosigkeit eins, wenn wir in nichts verweilen.

In etwas zu verweilen ist Evasion, ist Erinnerung oder Erwartung und Festhalten an der fixen Idee von etwas Bleibendem in einer fließenden Welt, die uns in jedem Augenblick entschwindet und ihre Vergänglichkeit beweist. Als menschliche Wesen fühlen wir eine ungreifbare Unzufriedenheit und Unsicherheit in uns, die daher rührt, dass wir nicht wirklich wissen, was und wer wir sind.

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