Читать книгу Das Rennen gegen die Stasi. Die Geschichte des Radrennfahrers Dieter Wiedemann онлайн

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Kurze Zeit später nahm der Weltfußballverband FIFA die DDR in seinem Schoß auf, obschon es noch fünf Jahre dauern sollte, bis deren Nationalelf erstmals ein Pflichtspiel bestreiten konnte. In der Zwischenzeit hatte man sich mit ein paar freundschaftlichen Kräftemessen mit den kommunistischen Bruderstaaten Polen (3 x), Bulgarien (3 x) und Rumänien (4 x) zu begnügen. Die Funktionäre des DDR-Fußballs hatten ihre Pferde zur Tränke geführt, aber sie konnten es vorerst nicht wagen, sie gemeinsam mit dem Klassenfeind daraus trinken zu lassen. Hinzu kam, dass die Friedensfahrt vor dem Hintergrund einer anhaltenden Massenflucht ausgetragen wurde, die immer mehr Menschen die DDR gen Westen verlassen ließ. Das Rennen war ein farbenprächtiges Fest geprägt von Temporeichtum und Gemeinschaftssinn, aber es stand damit im krassen Gegensatz zur vorherrschenden Stimmung im Land.

1953 hatten bereits rund 700.000 Menschen – besorgniserregende vier Prozent der gesamten Bevölkerung – die DDR verlassen. Tag für Tag verlor die Republik gut ausgebildete Akademiker und Facharbeiter an den erklärten Klassenfeind. Im Zusammenspiel mit den Reparationsleistungen an die Sowjets und der Tatsache, dass Investitionen von außen auf beängstigende Weise ausblieben, hatte dieses Ausbluten tiefgreifende Folgen. Diejenigen, die in den Westen gingen, wurden von der Partei als dekadent und ideologisch verblendet gebrandmarkt, aber die Konsumgüter und Autos, die sie in der Bundesrepublik kaufen konnten, waren vermutlich eine hübsche Kompensation für solche Diffamierungen. Kurzum: Wer ging, umarmte den Materialismus mit allem für und wider; wer blieb, nahm in Kauf, für mehr Arbeit immer weniger zu bekommen.

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