Читать книгу Die vierzehnte Etappe. Radsportgeschichten онлайн

54 страница из 98

Auch im Anstieg passierte wenig. Konstant und mächtig schob sich die Gruppe hoch. Ein paar Lücken entstanden, und in dem Moment, als die Ersten an mir vorbeifuhren, war mehr als die Hälfte schon abgehängt. Das war alles. Zoetemelk, der den ganzen Anstieg über vorne fuhr, erreichte eine Zeit von fünf Minuten. Aber als er hinter den Felsen verschwand, folgten ihm nur noch etwa zehn Rennfahrer.

Bestimmt dreißig Fahrer brauchten länger als sechs Minuten für meine Strecke. Der Sogeffekt des Windschattens ist gering bei Anstiegen, aber es gibt ihn – hätte ich an Zoetemelk dranbleiben können? Und wenn ja, hätte ich das auch gekonnt, wenn ich genau wie er schon hundert Kilometer hinter mir gehabt hätte, unter anderem den Anstieg zum Mont Aigoual?

Ich sehe Zoetemelk noch ganz scharf vor mir, wie er den Cirque de Navacelles hochfährt, aber egal wie scharf, das Bild ist abstrakt. Ich sehe seine Macht und seine Anstrengung, aber ich weiß nicht mal mehr, ob er im Stehen oder im Sitzen fuhr. Sogar in einem Anstieg geht alles so schnell vorbei, dass man sich nicht ruhig aussuchen kann, was man sehen will. Wahrscheinlich war ich mal wieder damit beschäftigt, mir selbst meine Sachkenntnisse zu beweisen, und versuchte an Zoetemelks Hinterrad zu sehen, mit welchem Gang er fuhr. Also muss ich jetzt in der Gesamtwertung des Midi Libre ’77 die Namen der Berühmtheiten suchen, die ich vergessen hatte zu sehen: Thévenet, Poulidor, Saronni, Hinault und zum Beispiel auch den amerikanischen Neoprofi Boyer, mit dem ich zwei Jahre davor bei einem Rennen in Belgien in der entscheidenden Spitzengruppe gefahren war. Nur zwei Abgehängte sah ich noch bewusst, es waren zwei Sprinter: der Belgier De Bal und der Franzose Mintkiewicz. Die Art und Weise, auf die sie am Lenker zogen und in die Pedale stampften, machte den menschlichen Körper zu einer stümperhaften Schöpfung, erst recht verglichen mit ihren Rädern, und ihre Anstrengungen resultierten in so wenig Tempo, dass ich Zeit hatte, die passenden Namen zu ihren Startnummern zu suchen. Ein paar Minuten später waren sogar sie hinter der Kurve in den Felsen verschwunden; jetzt war der gesamte Midi Libre vorbei.


Правообладателям