Читать книгу Die vierzehnte Etappe. Radsportgeschichten онлайн
60 страница из 98
Mir erscheint es eher als Merkmal des Sports, dass es unfair zugeht. Wem macht denn ein Radrennen Spaß, bei dem alle Fahrer ex aequo ins Ziel kommen? Wer will ein Fußballspiel sehen, in dem nach der Halbzeit zur Förderung der Fairness nicht nur die Spielhälfte, sondern auch die Spieler getauscht werden?
Der eine hat mehr Talent, der andere ist bereit, härter zu trainieren, wieder jemand setzt sich stundenlang hin und bohrt seine Bremsen aus oder berechnet die Übersetzung (50x13; dass da vorher noch nie jemand drauf gekommen ist!), wieder ein anderer folgt einer strengen Diät, um besser zu sein als die meisten. Wenn nun ein Rennfahrer dazu bereit ist, sich ernsthaft mit Pharmazie zu beschäftigen, und sich infolge seiner Recherchen eines ausbalancierten Spektrums an Drogen für alle Umstände bedient, warum sollte er dann nicht unser Lob verdienen, dass er »sich voll und ganz für seinen Sport einsetzt«?
Dann wäre da die Gefahr, die Doping mit sich bringen soll. Das verdient die gleiche Antwort: Na und? Die Sterberate im Alpinismus über sechstausend Meter beträgt sieben Prozent, und alle Berge in Nepal sind bis 1990 ausgebucht. Das Geschreibe von Proust in seinem zugeklebten Krankenzimmer, länger als zehn Jahre hintereinander, war das denn gesund? Orwell wusste, dass er Tuberkulose hat, zog aber auf eine nasskalte Insel, damit er »1984« in Ruhe zu Ende schreiben konnte. Sie blieben verschont von einem Veröffentlichungsverbot; nie habe ich etwas über ihre Handlungsweisen gelesen in dem verhöhnenden Ton, der bei Radrennfahrern, die mit Doping erwischt wurden, üblich ist.