Читать книгу Soziale Arbeit in der Justiz. Professionelles Selbstverständnis und methodisches Handeln онлайн

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In einem programmatischen Artikel beschreiben Thiersch, Grunwald & Köngeter (2012) die Traditionslinien des Lebensweltansatzes, wonach die Lebensweltorientierte Soziale Arbeit wie folgt charakterisiert ist. Lebensweltorientierte Soziale Arbeit

a. steht in der hermeneutisch-pragmatischen Traditionslinie der Erziehungswissenschaft und

b. wurde zur sozialwissenschaftlichen und kritischen Pädagogik weiterentwickelt.

c. Dabei wurde die Frage nach dem Alltag und der je individuell interpretierten Welt der Menschen von immer zentralerer Bedeutung.

Wenn wir also die Hermeneutik als eines der drei wesentlichen Elemente dieser Theorie betrachten, begeben wir uns zunächst in die erziehungswissenschaftliche – genauer (sozial-) pädagogische – Entwicklungslinie.

Grundverständnis: Hermeneutik

Die Hermeneutik (griechisch »hermeneun« meint auslegen) ist der Versuch, durch systematische Verständigungsprozesse subjektive Sinnzusammenhänge beim anderen Subjekt zu begreifen und so zu einem gemeinsamen Such- und Findungsprozess zu kommen. Bezogen auf die Alltagswirklichkeit der Menschen (sprich der Klient*innen) will Hermeneutik Folgendes: »Sie rekonstruiert dieses Alltags- und Praxiswissen, um daran anschließend – mit Dilthey gesprochen – Methoden des ›höheren Verstehens‹ zu entwickeln. Praxis- und Theoriewissen werden jedoch nicht als grundsätzlich voneinander getrennt betrachtet, sondern höheres Verstehen wird durch die Entlastung vom alltäglichen Handlungsdruck ermöglicht. Dadurch wird eine kritische Distanz zu der aufzuklärenden Alltagspraxis hergestellt, ohne die Perspektive des Alltags und das Handeln im Alltag abzuwerten. Im Zentrum der hermeneutisch-pragmatischen Tradition steht also die immer bereits vorgefundene und vorinterpretierte, jedoch zugleich veränderbare Lebenswirklichkeit in ihrer historischen, kulturellen und sozialen Dimension« (Thiersch, Grunwald & Köngeter 2012, 182).


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