Читать книгу Soziale Arbeit in der Justiz. Professionelles Selbstverständnis und methodisches Handeln онлайн
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»Die Erosion traditioneller Lebensstrukturen und -muster im Kontext von Pluralisierung und Individualisierung bedeutet, aus traditioneller Enge in neue Offenheiten, in neue Optionen geworfen zu sein; bedeutet, sich im Rahmen der gegebenen Lebensstrukturen – und gerade auch der durch Ungleichheit eingeschränkten Lebensstrukturen – als Regisseur/in der eigenen Verhältnisse zu erfahren« (Thiersch 2002, 23).
Insofern bedeutet Verstehen der Lebensbedingungen heutiger ›Verlierer‹ der Leistungsgesellschaft das Betrachten
• von gesellschaftlichen Brüchen und Verwerfungen,
• des Verlustes traditioneller sozialer Systeme der Hilfe durch Kirchen und Assoziationen,
• der Notwendigkeit, Gerechtigkeit als soziale Gerechtigkeit zu realisieren, besonders zum Vorteil der am wenigsten begünstigten Mitglieder,
• des Kampfes um soziale Gerechtigkeit verstanden als Ausgleich zwischen unterschiedlichen Interessen (vgl. ebd., 33).
Verstehen der lebensweltlichen Situation bedeutet damit auch Respekt vor den Erfahrungen und Bewältigungsleistungen gerade derer, die auf ausgleichende Gerechtigkeit angewiesen sind, statt diese Menschen zu disziplinieren. Selbst da, wo das Verhalten der*des Einzelnen für sie*ihn selber, für das Umfeld, ja für die ganze Gesellschaft unerträglich wird, muss der Respekt vor der Bewältigungsanstrengung vorherrschen.