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Fred wußte von seinem Großvater nur, daß er aus einem Dorf des Zürcher Oberlandes stammte, eine schöne, wohlhabende junge Witwe geheiratet und gleich darauf den Rusgrund erworben hatte. Hier also waren seine Kinder zur Welt gekommen, vier Söhne und drei Töchter, soviel er sich erinnerte; von den Töchtern lebte nur noch Tante Klara, von den Söhnen war einer früh gestorben, ein anderer nach Amerika ausgewandert. Papa und Onkel Robert bildeten also auf diesem Stammbaum die zwei starken Seitenäste, die den Fortbestand des Geschlechtes Ammann aus dem Rusgrund gesichert hatten.

«Merkwürdig, es sind doch zwei so ganz verschiedene Menschen», dachte Fred. «Sie müssen nicht viel Gemeinsames mitbekommen haben, jeder hat früh seine eigene Richtung eingeschlagen und der Abstand ist noch größer geworden. Onkel Robert hat eine Unterwaldnerin geheiratet, die ihr eigenes Blut mitbrachte, und aus dieser Verbindung sind wieder völlig andere Menschen hervorgegangen, die sich voneinander abermals unterscheiden und ihre eigenen Richtungen einschlagen. Und erst auf unserer Seite! Papa ist nach dem Studium in der Stadt geblieben und hat eine Tochter aus vornehmen städtischen Kreisen geheiratet, die von ganz anderer Seite herkam als er. Was hat wohl Mama noch alles mitbringen müssen, daß wir faulen Äpfel, Paul und ich, so weit entfernt vom großväterlichen Baumstamm niederfallen konnten. Ist das nun ein Gewinn oder ein Verlust? Zwar gleichen ja auch wir einander gar nicht, Paul hat ausschließlich geistige Interessen, während ich … weiß der Teufel! Gertrud gleicht der Mama, ihre Kinder haben bestimmt kein Ammannsches Blut mehr, und mit Lisi und Martha hat sie schon gar nichts gemein, obwohl das ihre Kusinen sind. Aber Severin ist wieder ein Ammann, wenn auch ein städtischer; ob er wohl noch einen großväterlichen Zug besitzt? Oder vielleicht gibt es gar keine Züge, die unverändert durchgehen, alles wandelt sich fortwährend von Mensch zu Mensch. Es sind ja tausend Variationen möglich … oder vielmehr unbegrenzt viele … oder doch nicht unbegrenzt? Wird aus unserm Blute wieder einmal ein Typ wie der Großvater entstehen? Wenn man ausrechnen könnte, daß … ach Quatsch, man kann die Menschen nicht ausrechnen, das fehlte noch, da würden diese verdammten Mathematiker … sie würden sagen, daß in der dritten oder vierten Generation notwendigerweise … das wären Severins Kinder, meine Neffen und Nichten … es ist lächerlich, daß mein Bruder mich zum Onkel macht … man kann sich nicht wehren …»

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