Читать книгу Jugend eines Volkes. Ehrenhafter Untergang. Erzählungen онлайн

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Wo ein gesundes Mädchen auf die Schwelle trat und den Anreitenden unbefangen entgegenblickte, oder wo eine der verbündeten Jungfrauen wohnte, verweilten sie auch gemächlich; dann stieg wohl der und jener ab, vergaß sein Amt und ließ die andern reiten.

Den Köpfen der Talbewohner begann der giftige Hauch zu entweichen, das Mark des Volkes erwies sich heil, die Fäulnis stockte. Allem Bedrohlichen war der uralte Kampf wieder angesagt, den bösen Mächten im eigenen Blut wie den Wildwassern, Raubtieren und starrenden Wäldern. Himmel und Erde selber nahmen an der Wende zum Guten teil, der Lanzig reifte durch stete Sonnentage früh dem Sommer zu, das Gras wuchs dicht und hoch, die Euter strotzten von Milch, die Rinder gediehen.

Wer von den zwanzig Helfern jetzt das väterliche Heim betrat, stellte Speer und Schild in die Ecke, zog die Kriegstracht aus und war wie ehedem ein Hirt. In den frühen Morgenstunden des Heumonats gingen sie schon alle, im ganzen Tal zerstreut, gelassen mähend durch die betauten schattigen Wiesen, und nichts mehr unterschied sie vom übrigen Volk. Nur wenn der nachmittägliche Sonnenbrand auf ihre Nacken saß, daß sie mit schläfrigen Sinnen sich rücklings an Schattenborde legten und den Blick gedankenlos in der abgründigen Bläue verloren, zogen dem und jenem vergangene Bilder traumhaft durch das Innere: reisige Scharen auf endlosem Weg, Ebenen mit Heerhaufen zwischen dem Nebeldampf und in der Sonne blitzende Lanzen ferner Züge, Knäuel gestählter Reiter und wütend um sich schlagenden Fußvolks, halb verwischte Tage, durch Blut und Durst und Hitze keuchend, das entstellte Gesicht eines sterbenden ­Gefährten, eine edle Frau im Frankenland, mild zu Gefangenen redend, eine Stadt in donnerndem Siegesjubel und über Tausenden Chlodowich, durch den der Gnadenstrom eines allwaltenden Gottes ins Volk ausbricht, eine über tausend Köpfen kurz aufschimmernde königliche Gestalt, der fränkische Herzog dann, Herr vom Scheitel bis zur Zehe, die Bewährung in täglicher Zucht, die Heerfahrt nach Burgund und die Tat, die Tat, Spichtung ne­ben dem Herzog – aber aufwachend und um sich blickend, sah der Hirt hinter goldenen Dünsten die Kuppen, Gipfel und Joche wie auf ewig um diese weite flimmernde Talrunde gefügt, in die ein unerforschliches Geschick ihn mitten hinein geboren, er fühlte zum erstenmal dunkel ein Maß, das er genau und ganz erfüllte, und so durfte er, die Fremde, ja Himmel und Hölle noch einmal vergessend, an diesem Augenblick Genüge finden. Er sah nach dem Stand der Sonne, schulterte den Rechen und schritt den gebräunten Heuschwaden zu, ruhig, stark und heiter.

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