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Er war kein Fremder für Schwester Damien. Sie versuchte in diesem Wrack den Bergbauern wiederzuerkennen, den sie schon mehrmals gesehen hatte und dessen natürlicher Adel, dessen Zurückhaltung in Wort und Gebärde ihr jedes Mal Bewunderung abnötigte. Umsonst. Es war eine solche Veränderung mit ihm vorgegangen, ein solcher Bruch geschehen, dass sie dieselbe Angst überkam wie damals, als sie sich bemüht hatte, die zerbrochene Kapellenscheibe wieder zusammenzufügen, und dann an Stelle des schönen Evangelisten Johannes ein lendenlahmes, buckliges, grinsendes Ungeheuer entstanden war.

Sie schwieg noch immer.

Der Mann packte sie am Arm:

– Ihr habt sie mir getötet!

Er schüttelte sie heftig und wiederholte:

– Ihr habt sie mir getötet! Ihr habt sie mir getötet!

– Sagt nicht solches Zeug, fuhr ihn die Schwester an.

Sie hätte sich gerne anders ausgedrückt, ein Wort des Trostes für ihn gefunden, aber diese nackte und somit lächerliche Verzweiflung erschreckte sie und brachte sie aus der Fassung. Damals, fuhr es ihr durch den Sinn, als ich ins Kloster eintrat, hatte ich gemeint: Jetzt ist es aus für dich, das Leben dieser Welt, du wirst keine Männer mehr sehen, du gehörst nur noch dem Lieben Gott. Und alles habe ich noch kennenlernen müssen, die Nöte der Männer und der Frauen, nicht nur einzelner, sondern aller. Zu jeder Tages- und Nachtstunde musste ich für sie da sein. Und erst jetzt habe ich begriffen, worin das Leben dieser Welt besteht, von der ich mich lossagen wollte.

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