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De mortuis nil nisi bene – einverstanden, aber ich versuche nur, ihn zu charakterisieren, was hoffentlich noch erlaubt sein wird. Ich sage nur, dass er es einem nicht immer leicht machte. Er gehörte zu jenen, die andere am Ärmel zupfen, ihnen die Krawatte zurechtrücken, bald auf die Schulter klopfen und bald übers Maul fahren. Ich habe mich oft über ihn geärgert, aber ich möchte nicht, dass ich ihn nicht gekannt hätte. Letzten Endes profitieren wir von solchen Menschen mehr als von den Farblosen, von denen es bei Dante heisst: «Quelli che mai non furon vivi, non ragioniam di lor …»

Heute Mittag eine Weile auf dem Friedhof. Um diese Zeit sieht man da relativ wenige Leute. Da und dort eine trauernde Witwe, ein vereinsamter Senior. Oben bei der Mauer die beiden Gräber. Zwei verwelkte Kränze sind noch da, dazu frische Blumen. Es war regnerisch und kalt. Unglaublich, wie wir auf das Wetter reagieren.

In der Zeitung wieder ein Artikel über jenen Gattenmord in der Westschweiz, der vor Jahren viel zu reden gab. Der Angeklagte – in einem ersten Prozess für schuldig ­befunden und hinter Gitter gekommen – war bei einem Revisionsverfahren freigesprochen worden, der Fall vom Kassationsgericht ad acta gelegt. Als der Staatsanwalt kurz danach ein neues Gerichtsverfahren anvisierte, fragte man ihn, ob er da nicht Zwängerei betreibe. Er sagte, er sei dafür verantwortlich, dass Verbrechen aufgeklärt werden, es störe ihn, dass der Mörder frei umherlaufe. Auf die Frage eines Journalisten, ob überhaupt noch eine Erfolgsaussicht bestehe, meinte er, der Handlungsspielraum sei in der Tat schmal geworden, aber es gebe nach wie vor die Möglichkeit des Zufalls.

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