Читать книгу "Man treibt sie in die Wüste". Clara und Fritz Sigrist-Hilty als Augenzeugen des Völkermordes an den Armeniern 1915-1918 онлайн

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Die wirkliche Rolle der deutschen Militärs in der Türkei wird in Deutschland wissenschaftlich praktisch nicht aufgearbeitet, auch weil das Auswärtige Amt aus Rücksicht auf Nato-Partner Tür­kei an diesem Verschweigen großes Interesse hat. So ist es umso wichtiger, dass Private wie das Ehepaar Sigrist durch ihre Aufzeichnungen dazu beitragen, die deutsche Beteiligung an dem Völkermord an den Armeniern aufzudecken. Sehr wichtig ist hier Clara Sigrist-Hiltys Tagebucheintrag vom 19. Februar 1916 dar­über, dass Oberstleutnant Böttrich in Person zur Islahiye-Station zu einem Hochtreffen mit den Ingenieuren Joh. Lor. Winkler und Fritz Sigrist-Hilty u.a. kam, um die Befolgung seiner Deportationsbefehle sicherzustellen. Nach diesem Hochtreffen, so Clara Sigrist, «muss er [Fritz] noch mehr ins Büro. Nun pressieren die Listen von den Armeniern: noch weiß man nicht, wen man behalten kann. Aber die Ausweisung scheint streng genommen zu werden.»

Mit armenischen Deportierten vollgestopfte Hammelwagen der Bagdadbahn waren ein Symbol der deutschen Mitverantwortung oder genauer: des deutschen Versagens, die Vernichtung der Armenier zu verhindern. Ein Jahrhundert sollte es dauern, bis die höchste Vertretung aller Deutschen, der Bundestag, einmütig den Mut fand, die armenische Tragödie im Osmanischen Reich als das zu bezeichnen, was sie war: ein Völkermord. Auch auf die deutsche Mitschuld legten sich die deutschen Parlamentarier fest, ohne sie genauer zu benennen. Damit gaben sie ein starkes Signal an die deutschen Bundesländer und Universitäten, das Tabu des Ver­schwei­gens nicht länger zu dulden. Der Genozid an den Armeniern und die deutsche Rolle dabei gehören – gerade wegen der Ab­sicht der Türkei, die Kinder von drei Millionen Türken in Deutschland oder Deutschen türkischer Herkunft weiterhin von der Wahrheit fernzuhalten – in die deutschen Schulbücher und an die deutschen Universitäten. Das Buch von Dora Sakayan ist ein wichtiger Beitrag dieses herauszuarbeitenden Gesamtbilds des Völkermords an den Armeniern und seiner Haupt- und Mitschuldigen.

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