Читать книгу "Man treibt sie in die Wüste". Clara und Fritz Sigrist-Hilty als Augenzeugen des Völkermordes an den Armeniern 1915-1918 онлайн
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Eine andere Rarität sind Memoiren von den so wenigen vom Genozid verschont gebliebenen armenischen Bagdadbahn-Arbeitern. Die im vorliegenden Band von Dora Sakayan zum ersten Mal in deutscher Sprache vorgestellten Erinnerungen eines ehemaligen armenischen Bahnarbeiters ist unschätzbar. Es wird abermals bestätigt, dass die christliche Nächstenliebe der bei der Bagdadbahn tätigen europäischen Zivilingenieure – in diesem Falle die des Schweizer Ingenieurs Fritz Sigrist – für die armenischen Bahnarbeiter der einzige helle Lichtblick war.
Die deutsche Leitung des größten wirtschaftlichen Auslandsprojekts des damaligen Kaiserreichs garantierte ihren Ingenieuren eine gewisse Unabhängigkeit, denn Deutschland war der wichtigste Verbündete des Osmanischen Reichs im Ersten Weltkrieg, und die Berichterstattung über den Völkermord an den Armeniern war damit schwer auszuschalten. Viele Schweizer waren Angestellte der Bagdadbahn und erhielten so aus erster Hand Informationen über die streng geheimen Vorgänge beim Vollzug des Genozids. Ferner war die Schweiz neutral und der wichtigste Staat, der enge Verbindung zu beiden Kriegslagern hielt. Und drittens waren Armenier lange Zeit und vereinzelt bis zum Kriegsende die bevorzugten Mitarbeiter der größten Eisenbahn in der Türkei, zum Ende hin zwar kaum noch als Angestellte, aber immerhin als Arbeiter, wenn auch zum Schluss unter bejammernswerten Umständen. Schweizer Informanten halfen, das Ausland zu informieren, ohne sich selbst in allzu große Gefahr zu begeben.