Читать книгу Meine weisse Stadt und ich. Das Bernbuch онлайн

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Erstens hatte ich den Fehler gemacht, im April zu reisen. Das Wetter war schlecht. Zwar war die Überfahrt auf der Isle de France sehr angenehm verlaufen, trotzdem war ich schockiert, als ich in Le Havre von Bord ging. Seit ich zehn Jahre zuvor in einer kalten regnerischen Nacht durch die zerbombten Ruinen der Stadt gefahren war, hatte sich die Stadt enorm verändert. Der Hafen war neu, die Stadt war neu, und es gab viele fremde Leute, die mich herumkommandierten. ‹Gehen Sie dahin! Gehen Sie dorthin!›, müssen sie wohl gesagt haben, sie sprachen nämlich eine Sprache, die ich nicht verstand – war das Französisch?

Und noch bevor ich meine Enttäuschung über Le Havre hinter mir lassen und alte Erinnerungen an dieses und jenes Erlebnis wieder abrufen konnte (Cherbourg war in der Nähe, und Barfleur, der kleine Hafen, an dem wir während der Invasion landeten, nur fünfundzwanzig Meilen entfernt), fand ich mich schnaufend und schwitzend im Zug wieder, umringt von meinem Gepäck, unter Fremden, die sich in unbekannten Sprachen unterhielten, während meine geliebte Normandie langsam in der Dämmerung versank. Namen fielen mir wieder ein, Gesichter tauchten auf, Geräusche und Gerüche. Irgendwo – in Barfleur! – gab es eine alte Kathedrale im Regen, und eine Fischerstochter mit hübschen Beinen und Gummistiefeln, deren Brust sich nervös hob und senkte, während ich einen rostigen Angelhaken aus der Handfläche ihres Vaters zog, ein Mädchen namens Françoise und eine Lehrerin, die Simone hieß … Der Schmerz, oh, dieser bittersüße Schmerz einiger kostbarer Augenblicke von vor zehn Jahren ging un­ter und wurde von der Dunkelheit verschlungen.

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