Читать книгу Meine weisse Stadt und ich. Das Bernbuch онлайн

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Ich bekam kaum einen Bissen runter. Die Suppe schmeckte gar nicht mal so schlecht, aber sie sah ekelhaft aus, und ihr Aroma wurde durch den Gestank aus der Toilette draußen nicht gerade besser. Obendrein machte es mich nervös, dass ein junger Mann, der die Suppe offensichtlich viel nötiger hatte als ich, wartete, dass ich fertig wurde, damit er essen konnte. Zudem konnte er den Blick kaum von dem Tisch abwenden, der die Mitte des Zimmers in Beschlag nahm. Trotz diverser Versuche, eine Unterhaltung in Gang zu bringen, breitete sich immer wieder ein lähmendes Schweigen aus. Es erübrigt sich zu sagen, dass es mir schwerfiel, meine Gefühle zu verbergen, aber ich versuchte es, indem ich viel zu laut und zu hastig sprach und zu oft lachte oder lächelte. Ich glaube, dass ich sie sogar davon überzeugte, dass ich mich gut un­­terhielt – alle bis auf die Frau, die es besser wusste. Es gelang mir nicht, meine Verlegenheit und die eklatante Ironie der Tatsache, dass ich deutlich wohlhabender war als sie, vor ihrem gelassenen, vielsagenden Blick zu verbergen. Sie las das schlechte Gewissen in meinem Gesicht. Wenn sie ihre sanften Augen niederschlug, spürte ich die Last der grässlichen Reiseschecks in meiner Tasche (mehr als dreitausend Dollar), ich, der ihre schmutzige Suppe schlürfte und auf dem einzi­gen Stuhl saß.

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