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Der Sommer kam, und mit ihm lebte auch der Vater wieder mun­terer auf. Doch sollte, wie die Sage ging, etwas anderes, als allein der Zeiten Wechsel von so wohltuender Wirkung auf ihn sein. Susanna zog mich wiederholt damit auf, daß ich nun bald eine zweite Mutter bekommen werde, und was für eine, des werdʼ ich mich verwundern; jedenfalls werdʼ ich dann wieder etwas mehr zu weben und etwas weniger zu lesen bekommen. Ich nahm diese Zeitung ohne Grämen auf, mein jugendlicher Leichtsinn half mir über die mögliche Ungunst herannahender Zustände hinaus und ich freute mich für den Vater, dessen bisheriges trübseliges Wesen mir oft tief zu Herzen gegangen war.

Eines Sonntagabends, als ich aus der Kinderlehre nach Hause kam, und weil ich den Schlüssel zur Türe nicht an gewohnter Stelle liegen fand, den Eingang durchs Fenster suchte, sah ich den Vater mit einer Weibsperson drinnen in der Stube sitzen; es war mir klar, daß es die Erwählte sei. Es war die älteste Tochter von Peters Jakob, eine Jungfrau von sechsunddreißig Jahren, die gewandteste Weberin in der ganzen Umgegend, von steifer Ehrbarkeit und guter Ge­sundheit. Ich erschrak und mein Schrecken war nicht gering, denn soweit ich die Jungfrau aus eigener Beobachtung wie vom Hörensagen kannte, hatte sie mich nie im geringsten angemutet. Sie war eine erklärte Verächterin aller Literatur, wobei höchstens das Kirchengesangbuch und ein paar Gebetbücher nicht inbegriffen sein mochten, auch der mündlichen Erzählung so wenig ge­neigt, daß ihr Vater gerade ihretwegen, wie er oft bemerkte, zu Hause nie etwas von seinen Erlebnissen erzählte. Von ihrer unermüdlichen und «ausgiebigen Weberei» war im Orte nur ein Ruhm zu hören, nämlich, daß sie von niemand übertroffen werde. Alles das, zusammengehalten mit ihrer äußern Gestalt, hoch und hager, mit groben männlichen Gesichtszügen, erschien mir überaus langweilig und abstoßend. Ich zog mich daher eiligst zurück. Einen Monat später wurde Hochzeit gehalten und wir hatten wieder eine Mutter.

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