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Ein Sommer war mir so ganz erträglich hingegangen, schmächtiger und bleicher war ich geworden, kränklich aber fühlte ich mich in keiner Beziehung. Die Schulzeit lag schon hinter mir wie eine ferne Vergangenheit, und der Schmerz, sie entschwunden zu sehen, war versiegt. Die Repetierschule mußte mir gleichgültig sein, da ich nur Bekanntes wiederholen sollte und der Schulmeister mir die angenehmste Stunde, die Schreibstunde, durch geistloses Diktieren verdarb. Da die Repetierschüler zum Teil aus bösen Buben bestanden, die dem guten Felix manchen vorsätzlichen Verdruß bereiteten, so war er fast immer in gereizter Stimmung und es kam mitunter zu heftigen Auftritten. Ich fühlte dann ein inniges Be­dauern, den Felix in fruchtlosem Eifern sich verzehren zu sehen. Einmal diktierte er in solcher Stimmung einen geschichtlichen Abschnitt, der von Fremdwörtern wimmelte, und so abgerissen, daß sich kein Sinn herausdifteln ließ; das tat er, um recht viele Schreibfehler rot anstreichen und den Übermütigen zeigen zu können, wie wenig weit es mit ihrer Wissenschaft her sei. Mich langweilte das Zeug und als ich ein paar Zeilen geschrieben, zog ich ein paar dicke Striche durch dieselben und wagte es, einen eigenen Aufsatz zu erschaffen. Ich wählte die Briefform und schrieb an einen Freund über die schöne Vergangenheit, da wir zusammen die Schule besuchten, glücklich, überglücklich, jeden Tag etwas Neues lernen zu können. «Auch jetzt», schrieb ich wörtlich, «sitze ich in der Schule, aber es ist da so viel anders geworden, es ist keine Lernbegierde mehr da, und viele, die gar nichts verstehen, meinen, sie seien gescheiter als der Schulmeister.» Da Felix meine Schrift von vornherein für fehlerfrei hielt, so pflegte er sie in der Regel nicht anzuschauen und in dieser Voraussetzung hatte ich meiner Phanta­sie freien Lauf gelassen. Diesmal hatte ich mich verrechnet, er griff eifernd nach allem, was vorlag, und er stutzte, auf meinem Bogen etwas anderes, als sein Diktat zu finden. Er las mit steigendem Interesse und blickte abwechselnd wohlgewogen zu mir herüber, und als er mit dem Lesen zu Ende war, fuhr er sich mit dem Nastuch über die Augen und sagte gerührt: «Hans, Du bist und bleibst doch meine einzige Freude, in Dir habʼ ich mich nicht betrogen. Euch aber, ihr miserabeln Bärenhäuter, euch will ich jetzt zeigen, was Einer zuwegebringt, der an euern ungeleckten Witzen nicht teilnimmt.» Nach dieser Vorrede beging er die Taktlosigkeit, meinen Brief laut vorzulesen, dessen erhabener Stil und glänzende Metaphern zwar von allen mehr oder weniger instinktiv gespürt wurden, dessen Inhalt mir aber begreiflich keine Freundschaften eintrug.

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