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Besonders schreckliche Exempel entnahm die Mutter, wie ich später entdeckte, einem alten Andachtsbuche, betitelt: «Übung der Gottseligkeit» von Bischof Bayle, einem Buche, das den Geist krassester Strenggläubigkeit atmete, von Engeln und Teufeln wie von Freunden und Bekannten sprach und namentlich Unglücksfälle immer als direkte Zeichen des göttlichen Zornes betrachtete. Die Qualen der Verdammten in der Hölle schilderte es mit schauderhafter Einläßlichkeit und diese Schilderungen bewirkten, daß die Mutter die Wörter «Tod» und «Ewigkeit» nur mit scheuem Flüstern aussprach und selbst dem Worte «lahm» stets beifügte: «Gott behüte uns davor!» Der Gedanke ans Sterben verursachte ihr wahre Höllenangst, da sie sich für eine so sündige Kreatur hielt, daß sie ohne die größte göttliche Barmherzigkeit eine Beute des leibhaftigen Satans werden müsse. Sie kam nur zu oft auf dieses Kapitel zu sprechen und ich sah dann den Angstschweiß in großen Tropfen ihr auf Stirne und Schläfe stehen. Religiösen Büchern bewies sie insgeheim so große Achtung, daß, wenn ihr z.B. eines aus Versehen auf den Boden fiel, sie daselbe, nachdem sie es aufgehoben, äußerlich auf beiden Deckeln küßte und auch uns Kinder dazu anhielt, in gleichen Fällen ein Gleiches zu tun.