Читать книгу Paradies möcht ich nicht. Roman einer Familie онлайн

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Mutter war dünn geworden, ich hatte sie ein paar Wochen lang nicht gesehen. Zum Tisch, vorne am Fenster, wo das Halmabrett stand, bewegte sie sich bevorzugt im Rollstuhl, manchmal ging sie an meinem Arm. In beiden Fällen drehte sich Louise eineinhalb Schritte vor dem Stuhl um und ließ sich, die Richtung einigermaßen einschätzend, rücklings in den Sitz plumpsen. Das machte mir jedes Mal Angst, erinnerte aber auch an den Moment, als ich erstmals gesehen hatte, wie der Hochspringer Dick Fosbury rücklings über eine Latte gesegelt war.

Das Spielfeld war eine runde Holztafel, ursprünglich vielleicht zur Benutzung als Schnittbrett in der Kü­che gedacht, mit regelmäßig eingebohrten Öffnungen. Als Spielfiguren dienten grüne und weiße Stifte mit feinen Rillen an den Seiten, nicht unähnlich jenen, die Ikea zur Montage von Gestellen mitliefert, womöglich waren es gar solche. Keine Ahnung, woher das Brett stammte, Mutter wusste es auch nicht, vielleicht aus einer Werkstatt handicapierter Menschen?

Mich erstaunte, wie Louise Sprünge nach vorne über Rückwärtszüge einleitete. Keck sei ich, meinte sie, wenn auch mir ein geschickter Zug gelang, beide wollten gewinnen, jedenfalls brauchte ich mich nicht ab­­sicht­lich ungeschickt anzustellen, die zwei Züge, die ihr noch fehlten, als alle meine Figuren am Ziel waren, wollte Louise noch ausführen. Der Sportsgeist imponierte mir, und ich fragte mich, weshalb wir erst jetzt angefangen hatten, miteinander Halma zu spielen. Ich mochte die Ruhe, Konversation war nicht nötig, es war ein Spiel der Wiederholungen, auch wenn jede Konstellation einzig war.

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