Читать книгу Die Bargada / Dorf an der Grenze. Eine Chronik онлайн

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Zu dritt gingen sie weiter von Stand zu Stand. Es gab immer Neues zu sehen. Was meint ihr, was ein rechter Jahrmarkt ist, das läßt sich nicht in einer Stunde abschreiten! Da waren die Auslagen mit Geschirr für Küche und Haus, mit Binsentaschen und Besen, Kerzenstöcken, Nachttöpfen, Kellen und Bottichen. Die Gaffer stauten sich davor, man kam schier nicht durch. Ein Mann, der aus einem kleinen Karren zierlich Eis auf Tellerchen häufte und mit einem Kompliment herumbot, versperrte den Weg. Ein anderer hockte neben einem Korb voll Wassermelonen und schnitt mit einem großen Messer halbmondförmige Stücke von den Früchten ab. Die Durstigen stürzten sich darauf und bissen hinein, daß die Kerne wegsprangen und der Saft zu Boden floß.

Im wirbelnden Gewühl verlor Bernardo seine Gefährten. Er trieb allein einer stilleren Ecke zu und spähte musternd in einen Stand hinein. Fern von den Händen der Kauflustigen standen da auf Regalen die wundersamsten Dinge. Waren sie aus Zucker oder aus Eis? Sie waren aus Glas. Auf verschnörkelten, zarten Füßchen hielten sich Schalen und Becher schwebend im Gleichgewicht, gerippt und gewunden, mit Rüschen versehen und Fächern verziert, in allen Farben schimmernd, oder halbmatt mit goldenen Tupfen, Flitter und Staub darin. Zerbrechlich, zerbrechlich! Verknäuelte, grüne Schlangen krönten hohe Pokale, silberne Schwäne breiteten ihre Flügel aus, Fische spielten in erstarrtem Schaum. Überall Spitzen und Netze, gedrehte Bänder, bunte Stabbündel, Hörnchen, Zacken und Bogen. Alles aus Glas. Fahnen und Fransen aus Glas, Wassergüsse und Strudel aus Glas, Paläste, Berge und Himmel, alles aus Glas. Dort aber – Bernardo hielt den Atem an –, dort lag das Schönste von all dem Schönen: eine reine Kostbarkeit, eine Kugel. Weiter nichts als eine Kugel, aus Glas auch sie, durchsichtig, schwimmende Funken darüber verstreut, und innen, da war ein Gebilde beschlossen. Eine Blume: samtene Bahnen von glitzernden Kanten umrandet, flimmernde Höhlen, farbig leuchtende Grotten, seltsam gewundene, glattglänzende Zugänge zur Mitte, wo im Kranz zwischen langen Fangarmen ein gleißendes Herz lag. Die Blume war aus rotem Saft. Nein, wenn man genauer hinsah, waren es zwei Blumen, nicht eine. Zwei Blumen aus lebendigem Blut, die ihre Stengel ganz ineinander verwickelt hatten. Auch ihre Blumenblätter schoben sich aneinander, krempelten sich um und um, als wären sie ein einziges Ding. Und dieses Ding strahlte ein Licht aus, ein rotes, von goldenem Sprühen durchglitzertes Licht. Es ist nicht möglich, daß es etwas so Schönes gibt, dachte Bernardo, ich träume. Es zog ihm das Wasser im Munde zusammen vor Begierde, das Ding zu berühren. Wie mußte es sich anfühlen? Wie ein Riesenmarmel, zuerst kalt und dann warm, wie die eigene Hand.

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