Читать книгу Das eigene Leben. Reportagen онлайн

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Es kommt ein Schiff geladen, bis an sein höchsten Bord, trägt Gottes Sohn voll Gnaden, des Vaters ewig Wort.

Der Vater war beim Morgenessen schweigsam, tunkte die Möcken in den Kaffee, schälte einen Gerber-Käse aus dem Silberpapier, Gerber-Schachtelkäse, der so zum Morgenessen gehörte wie die Nachrichten der Schweizerischen Depeschenagentur zum Mittagessen, welches recht pünktlich mit dem Zeitzeichen aus Beromünster begann. Es gab nicht mehr viel Metaphysik tagsüber, das Adventliche blieb auf die frühen Morgenstunden konzentriert. Im Buffet drohten die Süssigkeiten, schlummerte die stetig wachsende Versuchung, täglich wuchernde Anhäufung, das ausufernd Gut-Böse, das Anziehend-Abstossende. Ein Ausweichen war nur möglich, indem man die Grossmutter, die im obern Stock wohnte, besuchte, ihr Territorium wurde nicht so scharf vom Heiland kontrolliert, sie war eine Art Gegenmacht im Haus, und was man bei ihr lutschte, war in religiöser Hinsicht wie nicht gelutscht. Die kleine Schwester Ursi und ich haben es denn auch sehr bedauert, dass sie zusehends hinfälliger wurde und, weil etwas schwabblig auf den Beinen, ihren harten Thurgauerkopf mit zunehmender Häufigkeit gegen ein Möbel schlug und verletzte. Immer nämlich, wenn es im obern Stock rumpelte, schlichen wir uns mit angehaltenem Atem hinauf, angezogen/abgestossen, und waren gespannt, ob sie wohl ein Loch im Kopf habe, oder gar schon tot sei, oder unverletzt geblieben sei. Viel Blut floss meist nicht.

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