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Wie hätte sich diese fürchterliche Geschichte entwickelt, lieber Salman Rushdie, wenn Sie sich, wie seinerzeit viele europäische Aufklärer, gleich nach Erscheinen des Buches der Mühsal des Lügens unterzogen und glaubwürdig den Reuigen gespielt hätten: Mut zur Feigheit (mit reservatio mentalis, wie das die Jesuiten nennen)?
Wir möchten gerne wieder ein Buch von Ihnen lesen. Tote schreiben nicht, und in Ihrem Hochsicherheitstrakt müssen Sie auf die Dauer versauern.
Zürich–Sarajevo
Offener Brief an den Chefredakteur von «Oslobodjenje» und sein Redaktionsteam
Lieber Zlatko Dizdarevic,
aus Zürich kann ich Ihnen melden: keine kriegerischen Vorkommnisse im März. Die Zeitungen plumpsen frühmorgens pünktlich in die Briefkästen, die Redakteure streben unbehelligt in die Zeitungsgebäude, die Waffen schweigen. Wenn eine Rauchwolke in den Himmel steigt, dann beruhigt uns das hier am nördlichen Stadtrand: die Abfallverbrennungsanlage arbeitet. Wir arbeiten (fast immer). Die Armee ist ruhig, der Flughafen funktioniert, die Schulen beschulen, die Mägen verdauen, die Verwaltungen verwalten, es gibt nicht nur keine Warteschlangen vor den Läden, sondern auch keine Scharfschützen, welche uns am Einkaufen hindern.