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Aufbruch mit drei Plüschaffen

Über Nacht ist die Welt reif geworden; ein zarter, weißer Schimmel ist auf ihr gewachsen – Frühlingsschnee. Auf den Dächern gibt’s keine Spuren von Füßen und Rädern; dort oben ist die Welt jenseits der Angst. Hier unten zählen Menschen ihre Schritte, passen Stimmen sich den Stimmen an; es gibt aber Menschen, die sich nicht an das Hiersein gewöhnen können.

Im Innern der Häuser sind die Paradiese und Höllen der Menschen aufgebaut, mit Lampenlicht beleuchtet und vor Neugierde abgeschirmt. Auf der Lampe im Wohnzimmer von Tante Martha schaukeln drei Plüschaffen, die Daniel von seiner Mutter geschenkt erhalten hat; hier wohnt auch Onkel Benno. Onkel Benno ist Gitarrenlehrer; seine Vogelbeine stecken stets in weißen, mit Benzinseife gewaschenen Hosen. Der achtjährige Daniel sagt zu ihm beispielsweise: «Du bist eine schiefhängende Hausnummer» und wartet dann ab. Onkel Benno lächelt und säuselt: «Du träumst.»

Daniels Mutter hat vor einigen Jahren Selbstmord verübt; sie sprang mit dem Fotoalbum unter dem Arm aus einem Fenster, was ein peinlicher Tod ist, den man Daniel verheimlicht, doch er weiß alle Einzelheiten, als ob er ihn inszeniert hätte. Die Türpfosten von Onkel Bennos Haus sind rosa gestrichen; oben steht «guitar shop», und im Schaufenster warten die Instrumente in Reih und Glied auf Käufer.

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