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Arthur war Grundbuchbeamter, geschieden, und liebte heimlich ein Mädchen, das ebenfalls in der Wölkleinstraße wohnte, ein Stockwerk höher als der Bildhauer, auf dessen Engel es manchmal hinunterblickte. Es hieß Cäcilia, war Krankenpflegerin und glich einem schönen, kräftigen Vogel, der eine Brille trägt. Arthur stellte sich Cäcilia keusch, klavierspielend und stickend vor. Als er sich bei ihr nach einem kranken Bürokollegen erkundigt hatte, den sie im Spital pflegte, bemerkte er, dass sie stockend und ungenau sprach. Ihre Stimme erinnerte ihn an Nebel, genauer gesagt, an eine Fahne, die an einem nebligen Tag von einem Aussichtsturm weht, doch im Tal sieht sie niemand, und wen gelüstet es, einen dunklen Berg zu erklimmen, wenn unten die Sonne scheint?

Eines Abends, als Arthur am offenen Fenster stand, bemerkte er einen Knaben, der über die Straße tänzelte und einem jüngeren Mädchen befahl, Kieselsteine in die Sandalen zu füllen, worauf er dasselbe tat. Anschließend rannte er mit der Kleinen um die Wette, doch entfernte er vorher heimlich seine Steine und wurde Sieger, während die Verliererin mit schmerzerfülltem Gesichtchen um die Hausecke humpelte. Der Himmel schwamm über die Dächer und zwischen den Ästen und Blättern hinter den Häusern und in den Augen der Kinder, die keine Farbe zu haben schienen. Der Knabe hatte einen glänzenden schwarzbraunen Haarwirbel, und seine Bewegungen schienen stets sportliche Übungen zu sein. Die weißen Arme des Mädchens wuchsen wie Raupen aus dem roten Kleidchen und erinnerten Arthur an die Arme seiner Frau Martha. Es war ihm bis zu diesem Augenblick nie geglückt, sich seine Frau, mit welcher er drei Jahre verhei­ratet gewesen war, genau vorzustellen, sie zu sehen, wie man einen Stuhl sieht; man weiß um seine vier Beine, selbst wenn er das vierte verstecken sollte, und man kennt die Beschaffenheit seiner Lehne, auch wenn ein Kleidungsstück darüberhängt. Marthas Augen waren ruhig und ein wenig drückend gewesen wie eine niedere, weiß getünchte Decke, die dunkler ist als der Boden, auf welchem das Lampenlicht liegt. Wenn er sah, dass ein Feuerlein aus ihren Pupillen sprang oder dass sie den Schritt verlangsamte, ohne ihn wissen zu lassen, weshalb, wurde er wütend und ratlos. Er schrieb in sein Notizbuch: «Sie ist träge, rührselig und eitel», um einen Beweis zu besitzen, dass diese ihre Eigenschaften vorhanden waren, um es immer wieder nachlesen zu können, dass er sie für falsch hielt: Ihr Wille, gut und angenehm zu scheinen, dünkte ihn schlechter als ihr Charakter. Manchmal weinte sie, ohne dass er den Grund für ihre Trauer hätte erraten können, und er war davon überzeugt, dass sie die Menschen roh fand, Felsblöcke, zwischen welchen ihr Weinen wie ein Bächlein, bei dessen Anblick man «entzückend» sagt, hindurchglitt. Er verdäch­tig­te sie eines geheimnisvollen Umgangs mit dem Engel des Bildhauers. Er beobachtete das Lächeln, das sie jener Gipsfigur schenkte, und das Nicken und Flügelschla­gen, mit welchen der holde Jüngling sie oft begrüßte, war ihm nicht ­entgangen. Allerdings hatte diese Angelegenheit bei der Scheidung keine Rolle gespielt, da er sich geschämt hätte, seine Eifersucht auf die Statue eines unbedeutenden Künstlers zu verraten.

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