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Sie erinnerte sich nur ungern an ihre Freundschaft mit Martha, die sich ihr aus dem einzigen Grund aufgedrängt hatte, weil sie beide – im Gegensatz zu den übrigen Kindern – katho­lisch waren. Marthas Kichern, ihre plumpen Wangen, ihre wie polierten Augäpfel, ihre Albernheit, das Schreiben von «wichtigen Mitteilungen» auf Papierfetzen, die sie ihr unter der Bank zugeschoben hatte, ihre Geständnisse, ihr Flüstern im Pausenhof, in der Kirche, hinter dem Haus – alles hatte Vera angewidert, doch sie hatte getan, als ob sie wäre wie Martha, um ihren Stolz und ihre Einsamkeit zu schützen; instinktiv hatte sie erkannt, dass man Edelsteine am sichersten in billigen, unansehnlichen Behältern aufbewahrt.

Vera hatte Martha viel später einmal unvermutet getrof­fen; Martha war verlobt, überhitzt wie ein Lampion, bevor aus ihm die Flammen schlagen und das Papier wie nichtige Worte durcheinanderwirbelt und verschwindet, als wäre es nie da gewesen. Vera hatte damals jeweils am Abend mit Ekel ihre eigenen, langen, weißen Glieder, die mit braunen Punkten übersät waren, betrachtet und gedacht: «Wer mag die schon.» Dann aber hatte sie einen ehemaligen Fremdenle­gionär geheiratet, einen schmalen, dunkelhäutigen Burschen, dessen Gesicht aussah, als ob Mehl über Paprika gestäubt wäre; entschärft, verwischt. Nach drei Jahren wurde die Ehe geschie­den, und ein Jahr später heiratete sie einen groß­gewachsenen Engländer mit glatten, runden Gliedern wie aus Teig und einwärts gerichteten Füßen, der ziemlich vermögend war, Frösche sammelte und sich am liebsten unter Wasser aufhielt; seine Augen hinter der Taucherbrille erin­nerten sie an zwei Tropfen Lebertran. Diese Ehe dauerte nur zwei Jahre.

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