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Er lauscht, als ob im Heulen des Windes Worte verständlich würden – gestern noch spielten auf jenem flachen Dach zwei Knaben in roten Pullovern, doch heute wirkt das Haus wie eine umgekehrte Trommel; überall liest er das Zeichen für «Hedwig». Wenn es stimmt, dass wir vor Menschen und Tieren, die unser Mitleid erregen, zugleich Ekel empfinden – zwischen Reto und Hedwig war das anders: Sie rührte ihn, und er fühlte sich angesichts ihrer Schüchternheit und ihres seltsamen Äußeren stark und selbstlos. Ohne Angst vor den befremdeten Blicken der Passanten hatte er sie durch die Stadt geführt, ohne Unbehagen ein Hotelzimmer für sie gemietet, wo sie sich vorläufig vor ihrem Bräutigam verstecken konnte, einem Menschen, der Buser oder Schranz hieß – der Name war ihm entfallen. Obwohl dieser Bräutigam sich als «Forscher der Kängurus» ausgab, musste er ein gemeiner, gewöhnlicher Kerl sein, ohne Sinn für die körperlichen und seelischen Eigenarten dieser Tiere. Er hatte es jedoch verstanden, seinen wahren Charakter zu verstecken und Hedwigs Eltern und ihre Verwandten für sich zu begeistern. Heute Morgen, als Reto zu seiner Mutter gelaufen war, um ihr sein merkwürdiges Abenteuer zu erzählen, war Schranz oder Buser, von zwei Polizisten begleitet, im Hotel erschienen und hatte Hedwig als sein Eigentum mitgenommen, denn die Hochzeitsgäste hatten alle ihr Jawort gehört; zwar leise, vom Weinen entstellt, aber doch gültig.

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