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Die Käferwohnung

Stephan wohnte erst wenige Tage bei der Großmutter. Als er vor ihrem Haus aus dem Auto gestiegen war, sang der Schnee eine weiße Melodie und tanzte dazu wie die Tontupfen in seinem Notenbuch, so dass Stephan nicht hörte, was die Großmutter zur Begrüßung sagte. Auch ihre Miene konnte er nicht deuten, denn der Kälte wegen verhüllte ein Tuch ihr Kinn und die Stirn. Als er dann im stickigen Zimmer am Fenster stand – jenseits der Straße strich ein Eisenzaun seinen Schatten durch, der rückwärts in den Schnee gesunken war –, verstand er wiederum nicht, was die Großmutter über den Tisch hinweg seiner weinenden Mutter erklärte. Die Mutter trug einen neuen Hut mit gelben Kugeln darauf, die sich wie Küken aneinanderdrängten. Im Fenster sah er die Großmutter doppelt, verschwommen, als ob sie versuchen würde, aus sich selbst zu steigen. Eine blaue, verzeichnete Lampe beleuchtete ihre zitternde Hand, die vielleicht Angst hatte, jemand komme und tadle sie, verhafte sie, drohe ihr mit Folterung. Ihre Füße hielten sich unter dem Tisch umschlungen wie zwei schlafende Katzen.

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