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Seit dem Unfall war Fränzi nicht mehr am Strand gewe­sen, und ihre Mutter hatte das Haus seit der Beerdigung nicht mehr verlassen; jeden Tag ging das Mädchen eine Viertelstunde weit ins Dorf, um einzukaufen. Nackt und frierend schienen die weißen Häuser im Wind zu stehen, der Sand gegen die Scheiben warf und die verblichenen, klappernden Storen hinauf- und hinunterzerrte. Ein lahmes Kind bewegte sich manchmal auf Händen und Füßen über die holprige Straße und trug eine Tasche im Mund; wenn der Wind es umwarf, rappelte es sich wieder hoch, drehte sich auf sonderbare Weise einmal um sich selbst, schlenkerte die dünnen, krummen Beine und hoppelte weiter. Es hatte ein hübsches Gesicht und braune, kräftige Hände. Wenn Fränzi an der Kirche vorbeiging, erinnerte sie sich, wie Martin auf das Kreuz gezeigt und gefragt hatte: «Weshalb ist da ein Flugzeug auf dem Dach?» Er war noch so klein und unwissend, aber Fränzi wurde von ihrer Mutter jeden Tag vier Stunden lang in Aufsatz, Mathematik und Fremdsprachen unterrichtet. (Sie wusste, dass manche Leute an einen lieben Gott glaubten, der sich aus dem Himmel beugte und eifersüchtig und nörgelnd ihr Tun beobachtete; alles, was mit diesem lieben Gott zusammenhing, ging sie, die Mutter und Martin nichts an.) Seit Martins Tod fiel ihr das Lernen schwer; es war, als habe jemand einen Sack voll kleiner, scharfer Messer über sie ausgeleert, die alles auftrennten, was die Mutter ihr in den Schulstunden beigebracht hatte: Die Wörter zerfielen in Silben, die Silben in Buchstaben, die Buchstaben in Striche und Halbkreise.

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