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Nachdem Fränzi den Deckel weggehoben hatte, ließ sie langsam den Eimer hinunter; der Wind strich über das schwarze Wasser und zerteilte ein blaues Fenster, aus dem sich ein Mädchen beugte, dem fuchsrote Zöpfe über die Schulter hingen; Fränzi hatte erstaunt sich selber erkannt und sich an ihrem Spiegelbild gefreut; es war, als ob Goldmarie ihr zugenickt hätte. Andere Märchen fielen ihr ein, in welchen tiefe Brunnen eine Rolle spielten: Rotkäppchen oder die sieben Geißlein. – Die Eidechse bewegte sich. Vorsichtig versuchte Fränzi, ihr mit dem Eimer zu folgen, doch sie wich gegen den Rand hin aus; eine Weile war sie im Dunkel verschwunden, dann trieb sie wieder gegen die Mitte. Fränzi schwenkte mit dem Eimer, der sich rasch füllte, gegen die Mitte und kletterte auf den Brunnenrand, das Seil mit der Faust krampfhaft haltend – weit beugte sie sich hinunter. Ein gellender Schrei ließ sie zusammenzucken; sie sah ihre Mutter mit schreckgeweiteten Augen auf sich zueilen und glitt langsam auf den Boden, wobei sie nicht merkte, dass ihr das Seil aus den ­Händen fiel und in den Brunnen klatschte. Zitternd ließ sie sich – zum ersten Mal seit des Brüderchens Tod – umarmen und schluchzte: «Die eklige Eidechse – Mama, nimm die Ei­dechse weg; mir graut vor ihr.»

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