Читать книгу Tot sein kann ich morgen noch. Meine Reise vom Kopf zurück ins Herz онлайн

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Cicchetti und Ombra

Der Hunger treibt uns aus dem Palazzo zur Campo Santa Margherita. Uschi sagt, es duftet überall verführerisch nach Essen. Ach, Italia, das Land der kulinarischen Genüsse! Ich rieche leider nichts, die Chemo hat mir meinen Geruchssinn genommen und er ist noch nicht wieder da. Es kann sein, dass er gar nicht wiederkommt. Ich freue mich trotzdem unbändig auf unsere erste italienische Mahlzeit, denn Schmecken geht immer besser. Über die richtige Ernährung nach Krebs könnte man ein ganzes Buch mit vielen widersprüchlichen Meinungen schreiben. Ich bin noch dabei, meinen Weg zu finden. Venedig möchte ich jedoch einfach nur genießen, und zwar ohne Reue.

Es ist Freitagabend und die Venezianer gehen aus. Im Laufe der Woche stellen wir fest, dass die Venezianer immer ausgehen. Die Bacari, die italienischen Weinbars, sind brechend voll und viele stehen auf der Straße mit ihrem Ombra oder einem Aperol Spritz, dem Kultgetränk in Venedig. Der Ombra, übersetzt mit »Schatten«, ist ein Gläschen Wein mit nur 100 ml. Warum heißt ein Glas Wein »Schatten«? Die Legende, so erzählt mir der Reiseführer, berichtet, dass apulische Weinhändler ihre Fässer zum Markusplatz brachten und sie mit dem Schatten des Campanile den ganzen Tag über bewegten, damit der Wein kühl blieb. Venedig selbst zählt ohne die Einwohner auf dem Festland ca. 60 000 Einwohner. Täglich werden um die 50 000 Ombre getrunken, eine erstaunliche Zahl. Wir sind froh, dass wir an der Campo Santa Margherita noch einen kleinen Tisch vor einem Bacaro ergattern. Wir sitzen im März unter Venezianern im Freien, freuen uns auf die italienischen Genüsse und auf alles, was die nächsten zwei Wochen uns bescheren werden.

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