Читать книгу Die Schlafwandler онлайн

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»Sie halten also konservative Prinzipien für Atavismen?«

»Oh, manchmal schon, nicht immer. Obgleich es sich hier eigentlich nicht darum handelt. Ich meine, daß das Lebensgefühl, das man hat, immer etwa ein halbes oder auch ein ganzes Jahrhundert dem wirklichen Leben nachhinkt. Das Gefühl ist eigentlich immer weniger human als das Leben, in dem man steht. Denken Sie doch nur, daß ein Lessing oder ein Voltaire es ohne Revolte hingenommen haben, daß man zu ihrer Zeit noch gerädert hat, schön von unten herauf, für unser Gefühl unvorstellbar- und glauben Sie, daß es bei uns anders ist?«

Nein, darüber hatte sich Joachim noch nie Gedanken gemacht. Bertrand mochte recht haben. Aber warum sagte er ihm dies alles?

Er spricht ja wie ein ZeitungsschreibeL Bertrand sagte: »Wir nehmen es ruhig hin, daß zwei Menschen, beide sicherlich anständig, denn mit einem anderen hätte ihr Bruder sich nicht duelliert, an einem Morgen einander gegenüberstehen und schießen. In welcher Konvention des Gefühls müssen die beiden befangen sein und wie sehr sind wir es selber, daß wir es ertragen können! Das Gefühl ist träge und daher so unverständlich grausam. Die Welt ist von der Trägheit des Gefühls beherrscht.« Trägheit des Gefühls! Joachim war davon getroffen; war er nicht selber voller Trägheit des Gefühls, war es nicht strafbare Trägheit, daß er nicht genügend Phantasie aufbrachte, Ruzena trotz ihres Sträubens mit Geld zu versorgen und aus dem Kasino herauszunehmen? Er sagte bestürzt: »Wollen Sie wirklich Ehre als Trägheit des Gefühls bezeichnen?«

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