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Ruzena aber sehnte sich nach Joachim. Seine Briefe enthielten Schilderungen des Manöverlebens und der Abende in den kleinen Dörfern, deren er sich erst wirklich erfreuen würde, »wenn du, liebe, kleine, süße Ruzena bei mir wärest«. Und wenn er sie aufforderte, zu gleicher Zeit mit ihm, um neun Uhr abends den Mond zu betrachten, damit ihre Blicke sich dort oben träfen, so lief sie während der Pause aus der Bühnentür und schaute pflichtschuldig hinauf, selbst wenn die Pause erst auf halb zehn Uhr fiel. Es war ihr, als ob jener Frühlingsnachmittag im Regen sie immer noch festhielte, in ihr etwas lähmte; die Flutwelle, die damals über sie gegangen war, zog sich nur langsam zurück, und obwohl des Mädchens Wille nicht stark genug war und es auch sonst keinerlei Möglichkeit besaß, Staudämme aufzurichten, um die Flut zurückzuhalten, so war doch die Luft, die es atmete und ausatmete, noch immer von milder Feuchtigkeit geschwängert. Zwar beneidete sie die Kolleginnen, die Blumen in der Garderobe erhielten, aber sie bedauerte es eigentlich bloß Joachims wegen, dem sie eine gefeierte Diva zur Geliebten gewünscht hätte. Und wenn auch eine liebende Frau oftmals jenen Hauch des Erotischen um sich trägt, der vielen erst zartester Reiz ist, es waren die Männer, die den Künstlerinnen ihre Huldigungen darbrachten, doch von anderer Art und nicht danach angetan, solch leisen Ton zu vernehmen. So geschah es, daß Ruzena unberührter denn je Joachim empfing, als er von den Manövern nach Berlin zurückkehrte, und sie empfanden es wie einen Sieg, von dem sie trotzdem wußten, daß die Niederlage folgen werde; aber sie wollten dies nicht wissen und verschlossen sich der Erkenntnis unter Umarmungen.

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