Читать книгу Die Schlafwandler онлайн
76 страница из 91
Sie hatten die Zigarren angezündet und gingen durch den Park, durchquerten den Küchengarten, an dessen Obstbäumen bereits die Früchte reiften, und gelangten in die Felder. Herr v. Pasenow war offenkundig guter Laune. Eine Gruppe Erntearbeiterinnen kam ihnen entgegen. Um den Herren auszuweichen, ordneten sie sich im Gänsemarsch am Feldrand und eine nach der anderen grüßte im Vorbeigehen. Herr v. Pasenow sah einer jeden unters Kopftuch und als ihr Gänsemarsch vorübergezogen war, sagte er »stramme Mädchen«. - »Polinnen?« fragte Bertrand.- »Natürlich, das heißt, wohl die meisten,... ja, sind ein unzuverlässiges Pack.« Schön sei es hier, meinte Bertrand, und eigentlich beneide er jeden Landwirt. Herr v. Pasenow klopfte ihn auf den Arm: »Könnten Sie auch haben.« Bertrand schüttelte den Kopf; nun, das sei doch nicht so einfach und man müsse auch dazu erzogen sein. »Würde ich schon besorgen «, war die von vertraulichem Lachen begleitete Antwort. Dann schwieg er und Bertrand wartete. Aber Herr v. Pasenow schien vergessen zu haben, was er ihm eigentlich hatte sagen wollen, denn als Frucht seiner Gedanken äußerte er nach längerer Zeit: »Natürlich müßten Sie mir schreiben,... oft, ja.« Dann: »Wenn Sie einmal hier leben werden, werden wir keine Angst mehr haben; beide werden wir keine Angst mehr haben ... nicht?« Er hatte seine Hand auf Bertrands Arm gelegt und blickte ihn angstvoll an. »Ja, Herr v. Pasenow, warum sollen wir denn Angst haben?« Herr v.Pasenow war erstaunt: »Aber Sie sagten doch... «, er starrte vor sich hin. »Na, ist ja egal... « Er blieb stehen, drehte sich um und es hatte den Anschein, als wollte er heimkehren. Dann besann er sich und führte Bertrand weiter. Nach einer Weile fragte er:» Waren Sie schon bei ihm?«-»?«- »Nun, bei der Gruft.« Bertrand war ein wenig beschämt; aber innerhalb der Atmosphäre dieses Hauses hatte sich wahrlich kein Anlaß ergeben, einen Wunsch nach dem Besuch des Grabes zu äußern. Als er sich anschickte, die Frage entsprechend zu verneinen, lachte Herr v. Pasenow beglückt auf: »Nun, da haben wir ja noch etwas nachzuholen«, und, gleichsam eine frohe Überraschung für den Gast, zeigte er mit dem Stock auf die Friedhofsmauer, die vor ihnen lag. »Gehen Sie hinein, ich will hier auf Sie warten«, befahl er, und da Bertrand ein wenig zögerte, sträubte er sich unwillig: »nein, ich komme nicht mit hinein«, und führte Bertrand bis zu dem Tor, über dem die Aufschrift »Ruhe sanft« in Goldbuchstaben blinkte. Bertrand trat ein und nachdem er eine geziemende Zeit bei der Gruft verweilt hatte, kehrte er zurück. Herr v. Pasenow patrouillierte längs der Mauer, sichtlich ungeduldig: »Waren Sie bei ihm?... und-?« Bertrand drückte seine Hand, aber Herr v. Pasenow wollte anscheinend kein Beileid, sondern wollte etwas hören; er machte eine Bewegung, wie um nachzuhelfen, und als trotzdem nichts erfolgte, seufzte er: »Er ist für die Ehre des Namens gefallen... ja, und Joachim macht indessen Visiten.« Wieder zeigte er mit dem Stock, diesmal in die Richtung von Lestow. Später ergänzte er den Gedanken und kicherte: »Ich habe ihn auf Brautschau geschickt«, und als ob ihn dies erinnerte, daß er doch mit Bertrand etwas besprechen wollte: »Richtig, man sagt mir, daß Sie in Geschäften bewandert seien.« Ja, das schon, allerdings bloß in seinem Spezialgeschäft, antwortete Bertrand. »Na, für unsere Sache wird es wohl noch reichen. Wissen Sie, lieber Freund, ich muß mich jetzt natürlich beraten, da er gefallen ist«, er machte eine Pause und sagte dann wichtig: »Erbschaftsangelegenheiten.« Bertrand meinte, daß Herr v. Pasenow ja sicherlich einen vertrauten Notar haben werde, der ihm hierbei zur Seite stehen müßte, doch Herr v. Pasenow hörte nicht zu: »Joachim wird sich schon durch die Heirat sicherstellen; man könnte ihn enterben«; er lachte wieder. Bertrand versuchte, das Gespräch abzubiegen und wies auf einen Hasen: »Also bald beginnt es wieder mit Weidmannsheil, Herr v.Pasenow.«- »Ja, ja, zur Jagd mag er wohl kommen, dazu ist er immerhin zu brauchen... da wollen wir ihn einladen, ja? natürlich muß er uns schreiben; das wird man ihm schon beibringen, nicht?« Da Herr v.Pasenow lachte, lächelte Bertrand gleichfalls, so unbehaglich er sich auch fühlte. Er war etwas verärgert, weil Joachim ihn diesem Manne ausgeliefert hatte; aber wie ungeschickt schien dieser Joachim sich auch hier zu benehmen, daß er den kindischen Alten in solcher Stimmung belassen konnte. Hatte der Unglücksmensch ihn hergerufen, damit er auch hier Ordnung in seine Angelegenheiten bringe? Er sagte also: »Ja, ja, Herr v.Pasenow, wir werden ihn uns schon erziehen«, und damit hatte er den Ton getroffen, den der Alte hören wollte. Er hängte sich in Bertrand ein, achtete sorgfältig darauf, daß ihre Schritte in Gleichklang blieben, und ließ Bertrands Arm auch nicht los, nachdem sie heimgekehrt waren. Trotz der eingebrochenen Dunkelheit spazierten sie im Hofe auf und ab, bis Joachim vorfuhr. Als Joachim vom Wagen sprang, sagte Herr v. Pasenow: »Ich stelle dir meinen Freund, Herrn v.Bertrand vor«, und mit einer etwas nebensächlichen Handbewegung »und dies ist mein Sohn... kommt von der Brautschau«, setzte er vergnügt hinzu. Der Geruch des Kuhstalls strich herüber und Herr v. Pasenow fühlte sich wohl.