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In diesem für die Bedürfnisse des Jägers seit Generationen wohlvorbereiteten Zimmer wurde Bertrand bei seiner Ankunft in Stolpin untergebracht.

Zu den merkwürdigen Erinnerungen, die Bertrand von seinem Stolpiner Aufenthalt zurückbrachte, gehörte nicht zuletzt das Bild des alten Herrn v. Pasenow. Schon am ersten Tage und sofort nach dem Frühstück war er von dem alten Herrn aufgefordert worden, ihn auf seinem Spaziergang zu begleiten und das Gut zu besichtigen. Es war ein trüber, gewitteriger Morgen, reglos lag die Luft, doch dumpf war die Stille vom Takte der Dreschflegel unterbrochen, die von den beiden Tennen herüberdröhnten. Herrn v.Pasenow schien der Rhythmus Freude zu bereiten: mehrmals blieb er stehen und klopfte mit seinem Stocke den Takt mit. Dann fragte er: »Wollen Sie den Kuhstall sehen?« und steuerte auf das langgestreckte niedrige Gebäude zu; in der Mitte des Hofes aber machte er halt und schüttelte den Kopf: »Geht nicht, das Vieh ist auf der Weide.« Bertrand erkundigte sich höflich, welche Rasse er halte; Herr v. Pasenow schaute ihn erst an, als ob er die Frage nicht verstünde, dann sagte er achselzuckend: »ist ja egal«, und führte den Gast zum Hofe hinaus; rings um die leichte Mulde, in der der Hof lag, breiteten sich die Hügel, Feld an Feld, und überall war die Erntearbeit im Gange. »Gehört alles zum Gute«, sagte Herr v. Pasenow, stolz mit dem Stocke im Kreise zeigend; dann blieb sein erhobener Arm mit dem Stock in einer Richtung unbeweglich haften; Bertrand folgte mit den Augen und sah den Kirchturm des Dorfes hinter den Hügeln emporragen: »Dort liegt die Post«, wurde ihm eröffnet und Herr v. Pasenow schlug den Weg zum Dorfe ein. Drückend lag die Schwüle; das Klopfen der Dreschflegel verstummte langsam hinter ihnen und nur der zischende Ton der Mäher, das Dengeln der Sensen, das Rauschen der geworfenen Garben hing noch in der ruhenden Luft. Herr v.Pasenow blieb stehen. »Haben Sie auch manchmal Angst?« Bertrand war betroffen, aber er fühlte sich von dieser menschlichen Frage sympathisch berührt: »Ich? Oh, oft.« Herr v. Pasenow näherte sich interessiert: »Wann haben Sie Angst? Wenn es still ist?« Bertrand merkte, daß hier etwas nicht stimmte: »Nun, Stille ist doch manchmal herrlich; ich bin von dieser Stille über den Feldern geradezu beglückt.« Herr v. Pasenow war unzufrieden und ärgerlich: »Sie verstehen nichts... « Nach einer Pause: »Haben Sie Kinder gehabt?«- »Meines Wissens nicht, Herr v.Pasenow.«- »Nun eben«, Herr v.Pasenow blickte auf die Uhr und lugte den Weg entlang; er schüttelte den Kopf; »unverständlich«, dann wieder zu Bertrand: »Wann haben Sie denn eigentlich Angst?« - doch er wartete die Antwort nicht ab, sondern blickte wieder auf die Uhr: »Er müßte doch schon hier sein... « Dann sah er Bertrand voll an: »Werden Sie mir manchmal schreiben, wenn Sie auf Reisen sein werden?« Bertrand bejahte; er würde es gerne tun und Herr v.Pasenow schien sehr befriedigt. »Ja, schreiben Sie mir nur, es interessiert mich, es interessiert mich vieles... schreiben Sie mir auch, wann Sie Angst haben... aber er ist noch immer nicht hier; Sie sehen, niemand schreibt mir, nicht einmal die Söhne... « Da wird von weitem ein Mann mit einer schwarzen Tasche sichtbar. »Da ist er!« Herr v. Pasenow setzte sich mit Stock und Beinen in geradlinige, eilige Bewegung und als der Mann in Hörweite war, schrie er ihn an: »Wo bleibt Er wieder so lange? Heute ist es das letzte Mal, daß Er zur Post gegangen ist... Er ist entlassen, hört Er, Er ist entlassen!« Er hatte einen roten Kopf bekommen und fuchtelte mit seinem Stock vor des Mannes Gesicht herum; während dieser, offenbar an solche Begegnung schon gewöhnt, ruhig die Tasche von der Schulter nahm und sie seinem Herrn reichte, der beinahe folgsam den Schlüssel aus der Weste zog und mit zittriger Hand öffnete. Zitternd griff er in die Posttasche, doch als er bloß ein paar Zeitungen hervorholte, schien es, als ·sollte sich der Wutanfall wiederholen, da er dem Boten die Ausbeute wortlos unter die Nase hielt. Offenbar besann er sich aber darauf, daß er einen Gast neben sich hatte, denn nun streckte er die Zeitungen Bertrand hin: »Da, sehen Sie selbst... « klagte er und gab sie in die Tasche zurück, sperrte ab und erklärte im Weitergehen: »Ich werde in diesem Jahr wohl in die Stadt ziehen müssen; hier ist es mir zu still.«

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