Читать книгу Der Seelenwexler. Roman онлайн

9 страница из 107

«Kaffee oder Tee?», fragte sie leise.

«Latte Macchiato», sagte er, mit amerikanischem Akzent, neben dem Handy vorbei.

«Ihre Zimmernummer, bitte?», fragte sie.

«Pardon me?»

«Your room number, please.»

«Two-two-four», nuschelte Phil und nahm das vorgegaukelte Telefongespräch wieder auf.

Mit Fremdsprachen hatte er keine Probleme. Im Gegenteil, da war er in seinem Element. Schon in der Klosterschule hatte er alle mit seinen Imitationskünsten unterhalten: Englisch wie ein Franzose oder wie der Kondukteur der Rhätischen Bahn. Französisch wie ein Deutscher und Deutsch wie der Prorektor. Schweizerdeutsch wie ein Jugo. Deutsch wie ein Deutscher oder Italienisch wie ein Italiener, das war für ihn sowieso ein Kinderspiel. Er war mehrsprachig aufgewachsen: Holländisch mit der Mutter, jedenfalls die paar wenigen Jahre. Rätoromanisch, genauer gesagt Surselvisch, mit dem alten Caduff und mit der Tante, im Kindergarten und im Schulzimmer. Bündner Dialekt auf dem Pausenplatz der Sekundarschule und in Ilanz. Und Deutsch in den höheren Schulklassen. Er war einmal darauf gekommen, dass er sich eine neue Sprache am besten aneignete, indem er einen Fremdsprachigen spielte. Er hatte nicht nur das Ohr, er hatte auch das Auge für fremde Sprachen. Er schaute den Fremden buchstäblich aufs Maul. Und auf Arme, Hände, Finger. Er imitierte Mimik, Gesten und Manieren. Er richtete sich auf, hielt die Oberlippe steif und sog die Luft ein wie ein Engländer, gestikulierte wie ein Italiener, sprach mit halbvollem Mund und gurgelte mit Lauten wie ein Franzose, kaute amerikanischen Slang wie Chewing-Gum. Er ahmte ganz einfach nach, wie er Hotelgäste, Skifahrerinnen und Wanderer, Kellner, Pizzaioli und Zimmermädchen hatte reden hören. Da war er ein Naturtalent. Wenn es sein musste, konnte er sogar seinen Bündner Akzent vollständig ablegen. Und er hatte die überraschende Feststellung gemacht, dass er kein bisschen stotterte, sobald er dieses Sprachenspiel spielte.

Правообладателям