Читать книгу Pellegrina. Eine italienische Radsportwallfahrt онлайн

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Während er mir den Aufbau der Ausstellung erklärt, wischt er mit dem Ärmel seines Fleecepullovers den schwarzen Staub von den Glasvitrinen mit Memorabilia. Er zeigt zur Decke. »Immer wenn ein Zug vorbeikommt, beben die Balken, und es fällt Dreck von der Decke.« Während ich mir das kleine, liebevoll eingerichtete Museum anschaue, nimmt der Bibliothekar seufzend und fluchend den Kampf gegen den Staub auf, bewaffnet mit Wedel, Handfeger und Kehrblech. Das Museum besitzt eine großartige Fotosammlung, zwei wollene Siegertrikots mit Kragen und zwei Fahrräder: das Legnano, auf dem Binda 1927 Weltmeister wurde, und das Siegerrad von 1932. Bei dem 1927er Modell weist der Bibliothekar mich auf die Holzfelgen hin. Das Holz federte die Stöße der unbefestigten Straßen besser ab als der spätere Stahl, hatte aber den großen Nachteil, dass es zerbrechlich war.

Binda kam 1902 in Cittiglio zur Welt und wuchs im Kreise einer großen Familie auf, mit drei Brüdern und sieben Schwestern. Um der Armut zu entkommen, ging er mit siebzehn zusammen mit einem Bruder nach Nizza, wo er im Dienste eines Onkels als Stuckateur arbeitete. Seine gesamte Freizeit widmete er allerdings dem Training und den Radrennen, von denen es an der Französischen Rivièra damals schon eine ganze Menge gab. 1922 gab er seinen Brotberuf auf, umsich ganz dem Radsport zu widmen, und am 4. März 1923 gelang ihm beim Halbklassiker Nizza–Mont Chauve der definitive Durchbruch. Er ließ in den Alpen nicht nur Costante Girardengo, sondern auch Gaetano Belloni hinter sich, die seinerzeit beide große Radsporthelden waren. »LE POUSSIN A BATTU LES AIGLES«, titelte eine Zeitung, das Küken hat die Adler besiegt.

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