Читать книгу Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie – Studienausgabe. Herausgegeben und ergänzt um Aufsätze, Primärbibliographie und Nachwort von Matthias Bormuth und Martin Vialon онлайн

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Cato von UticaCato v. Utica also ist es, den Gott hier zum Wächter am Fuße des Purgatorio bestellt hat: einen Heiden, einen Feind Cäsars, einen Selbstmörder. Das ist sehr erstaunlich, und schon die ältesten Kommentatoren, wie BenvenutoBenvenuto da Imola von Imola, haben sich darüber gewundert. Nur sehr wenige Heiden erwähnt DanteDante, die durch Christus aus der Hölle befreit wurden; und nun ist unter ihnen ein Feind Cäsars, dessen Bundesgenossen, die Cäsarmörder, neben Judas im Rachen Lucifers stecken, und der als Selbstmörder doch nicht weniger schuldig zu sein scheint als jene «Gewalttätigen gegen sich selbst», die für die gleiche Sünde im siebenten Höllenkreise auf das schrecklichste leiden. Das Rätsel löst sich durch die Worte VergilsVergil, der von DanteDante sagt, er suche Freiheit, die so teuer ist, wie du es wohl weißt, der für sie das Leben verschmäht hat. Die Geschichte Catos ist aus ihrem irdisch-politischen Zusammenhang herausgenommen, genau wie es die patristischen Erklärer des Alten TestamentsAltes Testament mit den einzelnen Geschichten Isaacs und Jacobs u. a. taten, und sie ist zur figura futurorum geworden. Cato ist eine figura, oder vielmehr der irdische Cato, der in Utica für die Freiheit dem Leben entsagte, war es, und der hier erscheinende Cato im Purgatorio ist die enthüllte oder erfüllte FigurMittelalterFiguraldarstellung im MA, die Wahrheit jenes figürlichen Vorgangs. Denn die politische und irdische Freiheit, für die er starb, ist nur umbra futurorum gewesen: eine Präfiguration jener christlichen Freiheit, als deren Hüter er hier bestellt ist und um derentwillen er auch hier jeder irdischen Versuchung widersteht; jener christlichen Freiheit von jedem bösen Triebe, die zur echten Herrschaft über sich selbst führt, eben jener, die zu erringen DanteDante mit dem Schilf der Demut gegürtet wird, bis er sie, auf dem Gipfel des Berges, wirklich errungen hat und von VergilVergil zum Herren über sich selbst gekrönt wird. Es ist die ewige Freiheit der Kinder Gottes, für die alles Irdische zu verschmähen ist; die Befreiung der Seele von der Knechtschaft der Sünde, als deren figura Catos freiwillige Wahl des Todes vor der politischen Knechtschaft hier eingeführt wird. Wie DanteDante dazukam, Cato für diese Rolle zu wählen, erklärt sich aus der gleichsam überparteilichen Stellung, die jener bei den römischen Schrifststellern als Idealbild von Tugend, Gerechtigkeit, Frömmigkeit und Freiheitsliebe besaß. DanteDante fand sein Lob gleichmäßig bei CiceroCicero, VergilVergil, LucanLukan, SenecaSeneca (Philosoph) und Valerius MaximusValerius Maximus; insbesondere das vergilische secretosque pios, his dantem iura Catonem (Aen. 8, 670), zumal bei einem Dichter des Imperiums, muß großen Eindruck auf ihn gemacht haben. Wie sehr er CatoCato v. Utica bewunderte, geht aus mehreren Stellen des Convivio hervor, und daß sein Freitod auf eine besondere Weise zu beurteilen sei, fand er schon bei CiceroCicero ausgesprochen, an einer Stelle, die er in der Monarchie (2, 5) zitiert,45 und zwar in dem für ihn so bedeutenden Zusammenhang der Beispiele römischer politischer Tugend; er will dort zeigen, daß die römische Herrschaft durch ihre Tugend rechtmäßig sei, daß sie dem Recht und der Freiheit der ganzen Menschheit diene; es ist das Kapitel, in dem der Satz steht: Romanum imperium de fonte nascitur pietatis.46

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