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„Dies brach für dich der zartsten Neigung Hand,

Der Fliederstrauß ist sel’ger Jugend Bild.

Nicht forschen sollst du, wer ihn dir gesandt,

Genug, wenn er mit Duft dein Zimmer füllt.“


Keine Unterschrift, keine Anrede und, da das Blatt nur ineinander geschoben, nicht kuvertiert worden, auch keine Adresse. Der Strauß musste hier abgegeben, das Verschen absichtlich so tief zwischen die Zweige versteckt worden sein. Eigentlich war es ein Zufall, dass er es gefunden. Wie schade, dass es so spät war! Die Wirtin, die Magd mussten ihm erzählen, wie der Strauß hier hereingekommen. Vorausgesetzt, dass er überhaupt ihm bestimmt war! Konnte nicht eine Verwechselung stattgefunden haben? Etwa mit einem dennoch vorhandenen Fräulein Hasenfratz, das einen poetisch angehauchten Anbeter besaß? Es schien durchaus eine Männerhandschrift, gewandt, ausgeschrieben. Wer von seinen Bekannten schrieb doch so? Sollte nicht Hoffmann sich den Spaß erlaubt haben?

Der Strauß stand in einer großen altmodischen wassergefüllten Vase, die gute Doktorin hatte die Blumen nicht schmachten lassen wollen, das sah ihr ähnlich, aber ihn wandelte die Lust an, sie zum Fenster hinauszuwerfen, obgleich sie nun in der Lampenbeleuchtung einen zierlichen Schatten an die Zimmertäfelung warfen und etwas festliches über den ganzen Raum verbreiteten. Hoffmann war ihm unsympathisch. Er hatte eine so schafsgeduldige Miene und betrieb den Kommunismus bereits praktisch, während die anderen noch theoretisierten. Auf seiner Bude gab es beständig verlumpte, verhungerte Mitschläfer und Mitesser. Wer in Hoffmanns Nähe kam, wurde für diese „Genossen“ unfehlbar angepumpt. Er selbst hatte seine Bedürfnisse auf das Geringste beschränkt. Aber er führte auch Reden wie: „Unbegreiflich, dass es Menschen gibt, die zwei Stuben haben, drei sogar! Denkt euch, drei Stuben hat dieser Maler, dieser – ich will ihn nicht nennen, denn ich möchte niemand aufhetzen. Er sagt, er brauche das zum Malen. Wenn er das Geld für all’ den Luxus, Farben, Leinwand, was weiß ich, den Genossen zukommen ließe, wieviel mehr diente er der Menschheit als durch diese Bilder, dieser Porträts, die ihm seine Zeit und sein Geld kosten.“ Iversen hielt sich bei solchen Exkursen die Ohren zu. Auch das vermochte Hoffmann nicht zu kränken. „Wenn du wieder hören magst, sprech' ich weiter,“ sagte er gemütlich. Er hatte Zeiten, wo er Iversen geradezu belagerte. Der hatte schon einmal Blumen gebracht. Und als Iversen ihn kaltblütig fragte, ob er verrückt geworden sei, hatte der Mensch ungerührt sich verteidigt: „Du glaubst doch nicht etwa, dass ich dieses hier, Tulpen, nicht wahr? dass ich sie gekauft habe? Nein, ich habe sie in Zahlung angenommen, der arme Gärtnerbursche, weißt du, der eine Zeit lang bei mir hauste und jetzt wieder in Stellung ist. Aber was soll ich mit solchem Zeug? Ich dachte gleich an dich. Für einen Ästhetiker und Gourmand wie du bist –“


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