Читать книгу Die magische Bibliothek онлайн

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Langsam und zögerlich ließ die Vorstadt den Fensterausschnitt los. Grünes Zweiggewirr strich an dem Zug entlang, Felder schlichen herbei; die Landschaft weitete sich. Das Himmelstuch glitt höher. Die verhasste Stadt war fort. Albert atmete auf und versuchte, sich wieder auf Dracula zu konzentrieren.

»Manchmal sahen wir kleine Schlösser und Türme auf steilen Hügeln, ganz wie man sie in Chroniken abgebildet sieht; zuweilen passierten wir Flüsse und Bäche, die, nach den breiten Geröllstreifen auf beiden Seiten zu schließen, wohl häufig aus ihren Ufern treten.«

Er sah aus dem Fenster. Die Dame ihm gegenüber war nicht mehr da für ihn. Er bemerkte kaum mehr ihren Schatten. Die Zeilen des Romans hatten sie fortgezaubert.

Tatsächlich erkannte er in der Ferne die Silhouette eines kleinen Schlosses, vielleicht einer Ruine auf einem steilen Hügel. Und es gab ein Bächlein, das jedoch zahm dahinfloss – im Augenblick. Da sage einer, Literatur bilde nicht das Leben ab! Beglückt klappte Albert das Buch zu, schloss die Augen und atmete tief durch. Könnte er diese Minuten so intensiv erleben, wenn er sie durch sein Buch nicht bereits so viele Male vorerlebt hätte? Die Ereignisse und Anblicke des Lebens erhalten erst dann ihren Sinn, wenn sie nicht mehr für sich allein stehen, sondern in Übereinstimmung mit den persönlichen Innenwelten geraten. Nichts ist realer als die Fiktion, dachte Albert. Nichts ist wirklicher als Literatur, die einem den Ausbruch aus dem Gefängnis der Wirklichkeit ermöglicht und die Realität nach den eigenen Gesetzen umzubauen vermag.

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