Читать книгу Kunst des Lebens, Kunst des Sterbens. Wie wir den Traum von Ich und Welt mit Achtsamkeit, Mitempfinden und offenem Gewahrsein meistern und befreiende Luzidität erlangen können онлайн
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Nun wird diese falsche Identifikation mit unserer Person oder den fünf Skhandas vor allem durch ihre Vergänglichkeit und durch den Tod immer wieder heilsam infrage gestellt. Der große Zen-Meister Hakuin Zenji empfahl seinen Schülern deshalb: »Heftet dieses eine Wort ›Tod‹ zwischen eure Augenbrauen, und behaltet es Tag und Nacht im Sinn. Egal, ob ihr steht, sitzt oder liegt, fragt euch ständig: ›Was bin ich, wenn mein Körper tot und verbrannt ist?‹«
»Was bleibt von mir, was bleibt von diesem Leben?«, so fragt sich wohl jeder, der mit seinem baldigen Tod konfrontiert ist und damit, Abschied nehmen zu müssen. Hakuin empfiehlt uns, auch diese Frage nicht zu verdrängen, sondern direkt in sie hineinzugehen und völlig eins mit ihr zu werden. Er schreibt weiter: »Diese Frage wird euch als Schlüssel zu jener Dimension dienen, wo ihr frei von Geburt und Tod seid und wo ihr, wie der unzerstörbare Diamant, nicht alternd und niemals sterbend euer ungeborenes, unsterbliches Vajra-Wesen erkennt.«
Damit wirklich ein tiefer Wunsch in uns entsteht zu praktizieren, um den instinktiven Kreislauf des Denkens und damit den zwanghaften Kreislauf vom Geborenwerden und vom Sterbenmüssen zu überschreiten, müssen wir die vergängliche Natur des Lebens wirklich an uns heranlassen und realisieren, dass der Freund, dem wir gestern noch die Hand geschüttelt haben, vielleicht morgen schon tot ist – wie viele andere unserer Bekannten auch – und dass es für uns selbst natürlich nicht anders ist, insofern es keinerlei echte Garantie gibt, nur eine eingebildete und erhoffte, dass wir selbst noch lange leben werden.