Читать книгу Kunst des Lebens, Kunst des Sterbens. Wie wir den Traum von Ich und Welt mit Achtsamkeit, Mitempfinden und offenem Gewahrsein meistern und befreiende Luzidität erlangen können онлайн
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Fünftens – so können wir ebenfalls aus dem Obigen verstehen – kommt diese erhöhte gesteigerte Luzidität nicht von selbst, sondern muss kultiviert werden. Bemühen wir uns nicht darum, so werden die in unserem Unterbewusstsein eingelagerten Spuren, werden Unwissenheit, Gewohnheitsmuster, dualistische Gedanken und Störgefühle weiterhin sowohl unsere Träume wie auch unsere emotionale Reaktion auf sie bestimmen.
Falls jemand noch nach dem tieferen Sinn seines Lebens, seine wahre Lebensaufgabe, den direkten Weg zur Erleuchtung oder eine sinnvolle Beschäftigung für die Jahre seines Ruhestands sucht – er findet all das in der Kultivierung der Luzidität, in der Entfaltung des Erleuchtungsgeistes.
Padmasambhava, der Autor des Tibetischen Totenbuchs, lehrt den Kernpunkt der Praxis des tibetischen Traum-Yoga, wenn er sagt: »Befreie dich davon, das, was dir begegnet, durch den Schleier deiner karmischen Konditionierungen zu sehen. Sieh es stattdessen als rein, vollkommen und von der Natur des Lichts. Übe dich darin, all deine Erfahrungen tagsüber als einen Traum, als illusionär zu sehen. Komm zu einer durchdringenden Luzidität, indem du dich immer wieder daran erinnerst, dass deine ganze Umgebung, die Stadt, in der du lebst, deine Wohnung, deine Mitmenschen und all deine Unterhaltungen mit ihnen Traum sind. Alles, was du tust, all deine Handlungen von Körper, Rede und Geist sind Traumhandlungen. Sag deshalb oft zu dir selbst: ›Das ist ein Traum.‹ Und manchmal sag es auch laut, oder schrei dich selbst an. Am Abend, wenn du dich schlafen legst, nimm dir fest vor: ›Zum Wohl aller Wesen will ich Erleuchtung erlangen und mich heute Nacht darin üben, den Traum als Traum zu erkennen und zu meistern.‹ Wenn du dich so darin übst, all deine Erfahrungen als illusionär und als Traum zu sehen, wird diese Luzidität auch im Nachtodzustand weiterwirken, denn auch dieser ist von traumgleicher Natur. Wenn es dir gelingt, siebenmal in einer Nacht im Traum luzide zu werden, so wirst du ohne Zweifel auch die Visionen des Postmortem als illusionär erkennen und damit Befreiung finden.«