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Am Morgen, nachdem Hartmann weggefahren war, stand sie in den Unterkleidern mit offenem Haar und übernächtigen Augen trostlos vor dem Spiegel und kam sich so elend und verwüstet vor wie nie in ihrem Leben.
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Die Beschäftigung mit den Kindern und die übrigen Pflichten des Tages verhalfen Gertrud immer wieder zu einem notdürftigen äußern Gleichgewicht, aber sie spürte, daß sie einem Zustand entgegentrieb, in dem sie sich nicht mehr würde beherrschen können. Dieser Gedanke erschreckte sie mehr als alles andere, und das Bedürfnis, sich auszusprechen, wuchs derart, daß sie stundenlang suchte und überlegte, wem sie sich anvertrauen könnte. Sie merkte erst jetzt, wie oberflächlich sie nach der Bekanntschaft mit Hartmann fast alle ihre Freundschaften begründet hatte. In dieser Not schrieb sie an Susi Brunner, eine Freundin aus ihrer Mädchenzeit, die seit drei Jahren mit einem Angestellten in Bern verheiratet war. Susi lebte in ihrer Erinnerung als kleine, frische Gestalt von wachem, anschmiegsamem Wesen und einer gewissen vertrauensseligen Offenheit, die zu erwidern man gern bereit war.