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Schon drei Tage nach der Einladung holte Gertrud die junge Frau im Hauptbahnhof ab und fuhr mit ihr nach Hause. Ihr erster Eindruck war zwiespältig, aber sie bemühte sich, kein Urteil zu fällen, bevor sie ihr ruhig gegenübersitzen würde. Nach dem Sturm des Wiedersehens während der Heimfahrt ließ sie Susi für eine Viertelstunde allein und erwartete sie dann in der Wohnstube zum Tee. Sie hatte sich eben überzeugt, daß die Kleinen noch schliefen, und die Tür zum Kinderzimmer sorgfältig geschlossen, als Susi eintrat.

Gertrud bemerkte zuerst, daß sie das Kleid gewechselt hatte, aber in diesem formlosen grünen Umhang noch ebenso unvorteilhaft aussah wie im Reisekleid. Sie war dicker geworden und schien infolgedessen noch kleiner als sonst, auch ihr früher etwas spitzmausiges Gesicht war voller und unbestimmter, doch in ihren Bewegungen und in den fröhlich zudringlichen Augen äußerte sich ihr Wesen noch auf die alte lebhafte Art.

Mit einem freudig aufleuchtenden Lächeln trat sie rasch herein, ergriff mit beiden Händen Gertruds linken Oberarm, schmiegte sich an und begann sogleich im Ton eines erregten kleinen Mädchens hemmungslos zu plaudern. «Ach Trudi, ich kann dir gar nicht sagen, wie mich das freut, daß wir uns endlich, endlich wiedersehen. Ich habe ja entsetzlich viel an dich gedacht und wäre schon lange gern gekommen, wenn du nur ein Zeichen getan hättest. Aber ich mußte ja denken, du habest mich ganz vergessen, und ich getraute mir nicht, dich zu uns einzuladen; wir hatten ja zuerst auch nur ein paar Zimmer. Aber jetzt sind wir umgezogen, du, es ist eine ganz entzückende Wohnung und wir können sehr gut ein Gastzimmer einrichten, du mußt unbedingt diesen Sommer noch kommen …»

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