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«Ich kann es nicht verschieben, es handelt sich nicht um mich allein …»
«Aha, Musik also? Hm!» Er blickte sie von der Seite her verächtlich forschend an.
Sie kehrte ihm mit einer entschiedenen Wendung schweigend den Rücken zu und lief weg. Einen Augenblick vorher hätte sie noch nicht zu sagen vermocht, wie sie den heutigen Abend verbringen werde; sie hatte ohne jede Überlegung geantwortet.
Hartmann schaute ihr einen Augenblick finster nach, wobei seine rotbraunen Kinnbacken über dem Uniformkragen in eine leise mahlende Bewegung gerieten, dann ging er rasch entschlossen zu Mama hinauf.
Die alte Frau Hartmann bewohnte mit zwei Dienstboten den oberen Stock und führte ein peinlich geregeltes, von tausend eingebildeten Plagen heimgesuchtes Dasein. Sie begann den Tag um acht Uhr mit merkwürdigen Turnübungen und einem darauf folgenden warmen Bad, dann kehrte sie ins Bett zurück und nahm das Frühstück ein, bis Fräulein Keller, eine wohlgenährte fröhliche Person mit einem goldenen Klemmer im rosigen Gesicht, zur Massage aus der Stadt eintraf. Gegen zehn Uhr erhob sie sich, und etwa eine Stunde darauf, nachdem sie von der Masseuse noch frisiert worden war, erschien sie in der häuslichen Öffentlichkeit. Von diesem Augenblick an bis zur Nachmittagsstunde, in der sie sich zur Ruhe hinlegte, erlebte sie fast nichts als Ärger und Sorgen, besonders im Hinblick auf Küche und Mittagessen. Vor dem Tee begann sie «Ordnung zu machen», eine Beschäftigung, die sich auf den hintersten Knopf erstreckte, und zum Tee selber empfing sie dann gelegentlich ihren Sohn oder die Schwiegertochter mit einem der Kinder. (Mit beiden Kindern zugleich durfte Gertrud nie erscheinen, da sich der Knabe sonst angeblich der Aufsicht entzog und fürchterliche Dinge anstellte.) Häufig fuhr sie daraufin die Stadt, um dies und jenes einzukaufen, wobei sie durch ihr umständliches Nörgeln und ihre Unentschlossenheit sich jedem Ladenmädchen unvergeßlich einprägte. Sogleich nach dem Nachtessen erschien Fräulein Keller wieder, der Massage folgten ausgedehnte Waschungen, und um zehn Uhr endlich begab die geplagte Frau sich seufzend zur Ruhe.