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Gertrud verbarg das Gesicht im Arm und schluchzte vor Mitleid mit sich selber. Hartmann war nie ein sanfter Gatte gewesen, aber daß er ihr auch auf diese lieblose Art Gewalt antun könnte, hatte sie nicht erwartet. Sie fühlte sich grenzenlos entwürdigt und hörte nicht auf seine Vorwürfe. Plötzlich aber begann er von «diesem Herrn Pfister» zu sprechen. Ihre erste Regung war, aufzufahren und ihm jedes weitere Wort zu verbieten. In diese zarteste Beziehung einzudringen hatte er kein Recht, es war ein roher Übergriff in das Reich ihrer Seele, ihrer einzigen Heimat in der Fremde dieser Ehe. Aber sie war kaum imstande, sich auch nur zu regen, und begann unter seinen erbarmungslosen Worten den Atem anzuhalten wie unter Stockhieben auf ausgesucht empfindsame Stellen.

«Ich wollte noch nicht darüber reden, aber einmal muß es heraus», fuhr er fort. Er sprach noch immer in gedämpftem Ton, aber ruhiger, bestimmter, vom Bestreben erfüllt, ihr jetzt ein für allemal knapp und klar seine Meinung zu sagen. «Du hast Beziehungen zu diesem jungen Mann … wenn man ihm Mann sagen darf. Wie weit diese Beziehungen gehen, kann ich nicht wissen, ich habe keine Beweise. Aber so etwas sieht und spürt man. Man kann’s euch von den Augen ablesen. Merke dir nun bitte folgendes: Wenn dieser Herr sich hier noch einmal zeigen sollte, werde ich ihn hinausohrfeigen. Diese Beziehungen haben aufzuhören. Ich werde sie unter keinen Umständen länger dulden. Und es wird auch nicht weitergemogelt. Ich will eine vollständig klare Situation haben. Bist du dazu nicht bereit, so bleibt dir logischerweise nur übrig, die Scheidung zu verlangen. Dann kommt es zu einem Skandal, über den ganz Zürich reden wird. Die Schuld daran wirst du allein zu tragen haben, denn mir kannst du nicht das geringste vorwerfen, was dich vor Gericht rechtfertigen würde. Du wirst dich auf jeden Fall im Unrecht befinden, auch vor der Öffentlichkeit. Alle anständigen Leute werden auf meiner Seite stehen, deine Eltern mit eingeschlossen. Auf deiner Seite wird nur dieser blasse Jüngling stehen, ein Dichterling, soviel ich weiß, ein armer Schlucker. Ich bin überzeugt, daß auf die Dauer für dich dabei nichts herauskommen würde als eine Blamage. Damit bin ich fertig. Ich werde nicht mehr davon anfangen, außer wenn du selber es wünschest.» Mit einem letzten erzürnten Blick wandte er sich von ihr ab und ging ruhig hinaus.

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