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Sie hatte für den Heimweg die stilleren Straßen gewählt und bog jetzt in einen menschenleeren Weg ein, der sich bei spärlicher Beleuchtung lang auf gleicher Höhe hinzog und zwischen Villen hindurch immer wieder einen Blick hinab auf die Lichter der nächtlichen Stadt gewährte. Dieser Weg kreuzte die Straße, an der sie wohnte; es war nicht mehr weit dahin. «Ach Gott, er kommt mir mit keinem Wort entgegen», dachte sie verzweifelnd, während sie in mattem Tone davon sprach, wie schön es hier am Abend sei, wenn die Stadt da unten im Zwielicht liege.
«Ja, nicht wahr?» antwortete er. «Das habe ich oft erlebt. Wenn die Häuserformen so langsam zurücktreten … jedes neue Licht vertieft die Dunkelheit … und der See hat dann manchmal ganz merkwürdige Färbungen …»
«Ja.»
«Überhaupt, es gibt hier ringsum wundervolle Aussichtspunkte … und die Stadt hat bei jeder Tageszeit ihren besonderen Reiz. Haben Sie schon gesehen, wie sie erwacht, am frühen Morgen?»
«Ja.»
«Ich hab’ es kürzlich gesehen. Sie trat zuerst etwas grau und nüchtern aus der Dämmerung heraus … aber dann lag sie im hellern Licht eine Weile so herrlich still und frisch da unten … das erste Geräusch kam von einem einfahrenden Zug, der mit seinen Lichtern sonderbar übernächtig wirkte … aber fast genau mit der Sonne wurde es laut … Tram, Milchwagen, Hundegebell, allerlei hörte man jetzt, aber gut unterscheidbar, noch nicht als dumpfes Brausen wie untertags … und die Dächer, die höhern Mauern und die Türme strahlten hellgoldig … schön!»