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Gertrud spürte, wie ihr Körper von einer heißen Welle durchflutet wurde, die ein gleichsam überstürztes Glücksgefühl war und sie zugleich in die ärgste Beklommenheit versetzte. Mit glühendem Gesichte begann sie, rasch und stoßweise durch die geöffneten Lippen atmend, den Schritt so zu beschleunigen, als ob sie ihrem Begleiter davonlaufen wollte. Albin faßte es als Zeichen des Erschreckens und der Mißbilligung auf, aber er blieb an ihrer Seite und versuchte ihr eindringlich klar zu machen, daß er dies alles nur zu seiner Rechtfertigung gestehe und sie in keiner Weise damit zu belästigen wünsche. Erst vor dem Hause, als sie nicht anhielt, sondern, den Schritt wieder mäßigend, die Straße hinab neben ihm weiterging, erkannte er ihre Bereitwilligkeit, ihn anzuhören.

«Ich habe nie daran gedacht, daß mein Gefühl erwidert werden könnte … oder doch nicht im Ernst … das heißt, ich habe nie damit gerechnet», fuhr er fort, schwer bemüht, seine Lage möglichst genau darzustellen, und zugleich verlegen vor Scham über ein so ungewohntes Bekenntnis. «Ich weiß nur, daß Sie mir sehr freundschaftlich gesinnt sind, sonst weiß ich nichts Bestimmtes. Aber angenommen, daß Sie mehr für mich empfinden als Freundschaft … wo könnte das hinführen? In Ihren Kreisen bin ich eine unglückliche Figur, ein Sonderling ohne Besitz und Einkommen … Sie würden mir gegenüber gewisse bürgerliche Hemmungen niemals verlieren … obwohl Sie nach meiner Meinung weit über dem Durchschnitt stehen. Außerdem … ich würde es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren können, mich zwischen Sie und Ihren Mann zu drängen. Es käme nichts Ganzes dabei heraus und … ich habe auch meinen Stolz, ich würde verzichten, wenn ich etwas Halbes vor mir sähe. Ich wäre in jedem Fall Ihnen gegenüber nur der Bettler … und Liebe darf kein Almosen sein … Entschuldigen Sie, daß ich mich so ausdrücke, als ob … als ob überhaupt jemals eine Möglichkeit bestanden hätte … aber ich möchte, daß Sie sich über meinen Rückzug ganz klar sind. Ich will jetzt gehen … es hat keinen Zweck, länger darüber zu reden. Gut’ Nacht!» Er streckte zögernd seine Rechte aus. «Und noch einmal, bitte entschuldigen Sie diese …»

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