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Wir zügelten an die Dennlerstrasse in Albisrieden. Da standen zwei schöne Häuser, die der Fabrik gehörten. Sie hiessen «Gmeumli», und sie stehen heute noch. Eine Dachwohnung war frei für uns. Rings um die beiden Häuser lagen Gemüsegärten, Wiesen, eine Gärtnerei und ein Bauernhof, das «Meierisli». Es sah alles sehr schön aus. Mein Schulweg dauerte allerdings länger, eine halbe Stunde war es zu Fuss bis ins Dorf. Uns ging es gut. Vater kam über Mittag nach Hause, es waren ja keine hundert Schritte von der Fabrik bis zu uns. Wir erhielten auch ein Stück Land, das so gross war, dass wir Kartoffeln und viel Gemüse anpflanzen konnten. Die meisten Frauen in unserem Haus mussten Heimarbeit machen. Eine flocht Männerhüte aus Stroh, sogenannte «Kreissägen», die damals modern waren. Auf einem speziellen Ständer, den sie zwischen ihre Knie spannte, knüpfte sie Halm um Halm, bis der Hut seine Form hatte. Jeden Sonntagmorgen lieferte ihr Mann die Hüte in der Fabrik in Bremgarten im Aargau ab. Die Strohflechterei war dort weit verbreitet. Es war ein schönes Bündel, das er trug, gross, aber leicht. Mit einem Franken zwanzig bis einem Franken fünfzig Rappen kam er heim, das war der Lohn für eine Woche Heimarbeit. Für einen Hut bekam die Frau zehn Rappen. Auch wir Kinder machten alles mögliche, um ein paar Rappen zu verdienen. Jeden Herbst wanderten wir auf den «Stadtmist». Es gab damals noch keine Kehrichtverbrennung. Der Abfall wurde aufgeschichtet und im Spätherbst mit grossen Wagen auf die Felder geführt. Die Bauern pflügten dann den Stadtmist unter die Erde. Wenn der Mist auf den Feldern ausgebreitet war, gingen wir Kinder mit Säcken und Körben, manchmal mit dem Wagen, auf die Suche nach Brauchbarem. Da fanden wir Knochen, Eisenabfälle oder Blech, und das konnten wir dann in der «Lumpi» verkaufen. Für ein Kilo Knochen bekamen wir zwei Rappen, für das Metall anderthalb Rappen. Und das ergab dann manchmal doch etwa fünfzig Rappen, für uns ein Vermögen. In der kalten Jahreszeit hatte es im Stadtmist auch Kohlen. Die sammelten wir, damit wir wenigstens am Sonntag eine warme Stube hatten. Hinter der Fabrik lag immer ein Haufen Eisenabfälle vom Fräsen. Auch den durchsuchten wir, aber das war eigentlich verboten. Am meisten brauchbare Abfälle fanden wir bei Schlechtwetter. Die Arbeiter wollten nicht so lange draussen stehen, leerten die Karren schneller aus, und kein Vorarbeiter kam nachschauen. Dann lag manchmal ein Extrastück im Abfall, und ich merkte wohl, dass das uns galt. Ein mitleidiger Arbeiter hatte es für uns hingelegt. Unsere Wohnung gehörte der Fabrik. Jedem Bewohner der Fabrikhäuser stand so viel Land zur Verfügung, als er bebauen konnte. Wir pflanzten Kartoffeln und Gemüse. Ich setzte Hyazinthen in ein kleines Beet. Auch im Frühling 1906 blühten meine Hyazinthen. «In vier Wochen können wir die ersten Erbsen essen», meinte meine Mutter. Bevor aber die erste Woche vorbei war, kam mein Vater heim und sagte: «Der Streik ist beschlossen! Morgen muss ich schon um fünf Uhr Streikposten stehen.»

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