Читать книгу Im Stillen klagte ich die Welt an. Als "Pflegekind" im Emmental онлайн
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Wir waren so genannte Angenommene, Fremdlinge, nicht Bauernkinder. Wir stammten aus einem anderen Umfeld. Wir fühlten, dass wir nicht dazu gehörten. Nicht aus Liebe oder Berufung wurden wir gehalten, es war reine Berechnung. Pflegekinder waren bei gewissen Bauern gesuchte Objekte. Bargeld war damals rar. Solches gab es nur bei der Milchzahlung. Die Bauern lebten hauptsächlich vom Ertrag aus Feld, Stall und Garten. Und die Ernte kam ja auch nicht von allein ins Haus. Also schauten sie sich nach solchen Kindern um. Dabei hatten sie gleich zwei Fliegen auf einen Schlag. Sie kassierten Bargeld und verfügten zugleich über eine Arbeitskraft.
Die Burris boten uns nicht an, sie als Vater und Mutter anzusprechen. Daher nannten wir sie wie am ersten Tag Herr und Frau Burri. Sie korrigierten uns nie.
Herr Burri nannte seine Frau selten beim Namen. Daher war ich recht ergriffen, als er einmal in meiner Anwesenheit seine Frau Rosi rief. Diese starre, in Trauer gehüllte Frau hatte einen Vornamen. Sie war auch einmal ein Mädchen, ein Kind. Aus dieser plötzlichen Überlegung heraus erhoffte ich mir mehr Nähe zu ihr. Aber die Distanz blieb. Wenn Frau Rosi, wie ich sie heimlich nannte, ihren Gatten mit Fritz ansprach, musste schon ein Sonderfall vorliegen.